Die Liebe hört niemals auf. Aber seien es Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden.

PDF

 

Zurück

 

  • Während die Liebe für immer bleibt (Der ewige Gott ist ja selber die Liebe, vgl. 1.Jo 4,8+16) werden Prophezeiungen, Sprachen und Erkenntnis aufhören.
  • Prophezeiungen und Erkenntnis werden „weggetan werden“, während die Sprachen „aufhören werden“. Die verschiedenen Verben im Griechischen teilen die drei Gaben in zwei Gruppen: „Prophezeiungen und Erkenntnis“ einerseits und „Sprachen“ andererseits. Die Gaben dieser beiden Gruppen können also unabhängig voneinander und zu verschiedenen Zeitpunkten aufhören.
  • Prophezeiungen und Erkenntnis werden aufhören, wenn „das Vollkommene“ gekommen sein wird (Verse 9+10). Demgegenüber ist das Aufhören des „Sprachenredens“ nicht an das Kommen des „Vollkommenen“ gebunden. Es wird über die „Sprachenrede“ nicht gesagt, dass sie durch irgendetwas anderes abgelöst wird.
  • In Vers 13 wird von drei Dingen gesprochen, die nach dem Aufhören der oben erwähnten Gaben (Prophezeiungen, Erkenntnis und Sprachen) noch bleiben werden, nämlich Glaube, Hoffnung und die Liebe.
  • Da bei der Wiederkunft Christi (oder erst recht in der Ewigkeit) der Glaube (vgl. Heb 11,1; 2.Kor 5,7; 1.Petr 1,9) und die Hoffnung (vgl. Röm 8,24; Röm 5,2; Titus 2,13) aufhören werden – sowohl „Glaube“, wie auch „Hoffnung“ hören beim „Schauen“ auf! – müssen Prophezeiungen, Sprachen und Erkenntnis vorher schon aufgehört haben. „Das Vollkommene“ kann also weder die Wiederkunft Christi, noch die Ewigkeit sein.
  • Das Wort to teleion kommt im NT an folgenden 17 Stellen vor:
    • Mt 5,48: „ . . . sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“
    • Mt 19,21: „Wenn du vollkommen sein willst, . . .“
    • Röm 12,2: „ . . . prüfen möget, was der . . . vollkommene Wille Gottes ist.“
    • 1.Kor 2,6: „Wir aber reden Weisheit unter den Vollkommenen, . . . „
    • 1.Kor 13,10: „wenn aber das Vollkommene gekommen sein wird, . . . „
    • 1.Kor 14,20: „ . . . am Verstande aber werdet Vollkommene.“
    • Eph 4,13: „ . . . hingelangen . . . zu dem vollkommenen Manne, . . . „
    • Phil 3,15: „So viele nun vollkommen sind, . . . „
    • Kol 1,28: „ . . . auf dass wir jeden Menschen vollkommen in Christo darstellen; . . .“
    • Kol 4,12: „ . . . auf dass ihr stehet vollkommen und völlig überzeugt . . . „
    • Hebr 5,14: „ . . . die feste Speise aber ist für Vollkommene, . . . „
    • Hebr 9,11: „ . . . der grösseren und vollkommeneren Hütte, . . . „
    • Jak 1,4: „Das Ausharren aber habe ein vollkommenes Werk, auf dass ihr vollkommen und vollendet seid . . . „
    • Jak 1,17: „Jede Gabe und jedes vollkommene Geschenk . . . „
    • Jak 1,25: „Wer aber in das vollkommene Gesetz, das der Freiheit, nahe hineingeschaut hat, . . .“
    • Jak 3,2: „ . . nicht im Worte strauchelt, der ist ein vollkommener Mann, . . . „
    • 1.Joh 4,18: „ . . . die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus . . . „
    An keiner dieser Stellen bezieht sich „to teleion“ auf die Vollendung, den vollkommenen Zustand im Himmel oder die Ewigkeit. (In Jak 1,25 wird dieses Wort aber für das Wort Gottes gebraucht). Das Wort to teleion kann gemäss Benedikt Peters („Wortstudie: Der Gebrauch von teleios und verwandten Wörtern im Neuen Testament“, Benedikt Peters, factum Nov/Dez 1992, S. 10-11“) die folgenden Bedeutungsinhalte besitzen:
    • sittlich vollkommen (von Personen)
    • perfekt, vollkommen (von Dingen)
    • erwachsen
    • vollständig
    • endgültig (im Gegensatz zu vorläufig)
  • Das „Vollkommene“ („Vollkommenes“) in V.10 ist im Griechischen sächlichen Artikels. Es kann sich daher weder auf den Herrn Jesus Christus selber (höchstens in 1.Jo 1,1-2), noch auf die Wiederkunft des Herrn beziehen (Die drei im NT gebrauchten Worte für die Wiederkunft des Herrn sind alle weiblichen Artikels: parousia (z.B. 1.Thess 5,23), apokalypsis (z.B. Offb 1,1), epifaneia (z.B. 2. Tim 4,1).
  • Bei der „Erkenntnis“ handelt es sich nicht um die allgemeine Erkenntnis, sondern um die „Gabe der Erkenntnis“ (vgl. 1.Kor 12-14) Dass es sich dabei nicht um die allgemeine Erkenntnis handeln kann, zeigt auch die Überlegung, dass wir auch in der Ewigkeit noch Dinge erkennen werden.
  • Dass die Prophetie und die Gabe der Erkenntnis aufhören würden, wenn wir bei Jesus Christus sind (oder in der Ewigkeit), ist klar. Dies müsste Paulus nicht speziell erwähnen.
  • Die Offenbarungsgaben Prophetie und Gabe der Erkenntnis werden durch etwas Gleichartiges abgelöst: Der vollkommenen und endgültigen Offenbarung des Wortes Gottes. Heute gibt es keine Offenbarungen von Gott mehr zusätzlich zur Bibel (Offb 22,18+19).

Der Zweck des Zungenredens war dreifältig: Es war eine Zeichengabe (1.Kor 14,21, und zwar ein Gerichtszeichen für Israel (70 n.Chr.), ein apostolisches Zeichen (vgl. Mk.16,17) und eine Offenbarungsgabe, falls sie ausgelegt wurde (1.Kor 14,13). In Eph 2,20 wird von Aposteln und Propheten als von der „Grundlage“ gesprochen. Die Grundlage eines Hauses wird aber nur einmal gelegt und zwar zu Beginn. Es gibt heute auch keine Apostel mehr, denn diese mussten Zeuge der Auferstehung Jesu sein (Apg 1, 21+22; 1.Kor 9,1). Sie besassen zudem bestimmte Gaben (Apg 5,12; 2.Kor 12,12). (Wenn alle diese Zeichen hätten tun können, wären es keine Zeichen der Apostel gewesen. Der letzte Apostel, wenn auch keiner der Zwölf, war Paulus (1.Kor 15, 8). Die Gaben in Mk 16 hatten den Zweck, das Wort der Apostel zu bestätigen (V. 20). So auch in Heb 2,3-4 (man beachte in beiden Stellen die Zeitform! bestätigte, gab!).

  • Interessant ist auch die Aussage im jüdischen Talmud, nachdem die alttestamentlichen Schriften zu Ende gekommen waren. Es heisst dort (Sanhedrin 11a): “Nachdem die letzten Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi gestorben waren, wich der Heilige Geist von Israel.“ Also auch damals hörte die Prophetie auf, nachdem das letzte Buch des AT geschrieben wurde.
  • Ausserdem bezeugt die Kirchengeschichte, dass diese Gaben aufgehört haben. Man lese hierzu die Broschüre „Die Gabe des Zungenredens in der nachapostolischen Kirche (100-400 n. Chr.)“, Dr. Cleon Rogers, Bibel & Gemeinde, D-22
  • Leider wissen die wenigsten Christen, dass es während etwa 1800 Jahren (bis zum Aufkommen der Charismatischen Bewegung ab 1960) die allgemein verbreitete Überzeugung in der Gemeinde Jesu war, dass die Zeichen- und Offenbarungsgaben (Prophetie, Gabe der Erkenntnis, Sprachenreden mit Auslegung) und die apostolischen „Zeichen und Wunder“ aufgehört haben. Jonathan Edwards, Georg Whitefield, C.H.Spurgeon, um nur einige wenige Namen zu nennen, glaubten alle an diese Lehre, die man im Englischen mit dem Wort Cessationism bezeichnet. (siehe „Das grosse Erwachen“, Benedikt Peters, factum, Nr. 2+3/4 98, Schwengeler-Verlag, S. 28-35, bzw. S.42-50).

Für weitere Informationen dazu verweise ich auf die Arbeiten Cessationismus und Bestätigt die Kirchengeschichte die „Zeichen und Wunder“-bewegung? und die darin gegebenen Literaturverweise. Patrick Tschui, 2002/2013

Es handelt sich hier nicht um eine ausgereifte Arbeit, sondern um ein provisorisches Arbeitspapier.