Mit einer kurzen Geschichte des Papsttums

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Einleitung

Das Titelbild dieser Broschüre zeigt die Kuppel im Petersdom in Rom. Sie trägt die lateinische Inschrift: „TU ES PETRUS ET SUPER HANC PETRAM AEDIFICABO ECCLESIAM MEAM“ (dt. „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen“). Die Bibelstelle Matthäus 16,18 ist für die römisch-katholische Kirche also sehr wichtig. Wir werden uns in dieser Broschüre ebenfalls intensiv mit dieser Bibelstelle auseinandersetzen.

Die röm.-kath. Kirche glaubt, dass Petrus der Fels sei und dass Jesus Christus seine Kirche auf Petrus gründen wollte. Petrus wäre somit der erste Papst gewesen (wenn auch noch nicht mit diesem Namen). Jesus Christus habe Petrus exklusiv die absolute Autorität in Lehre, Moral und Kirchenzucht, sowie über die anderen Apostel, übertragen. Diese Autorität gelte aber nicht nur ihm, der die Kirche in Rom gegründet habe, sondern auch seinen rechtlichen Nachfolgern, den Bischöfen von Rom, die ihr Amt wiederum ihrem jeweiligen Nachfolger übertragen („Apostolische Sukzession“).

Zurzeit ist Franziskus aus Argentinien das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche (übrigens nicht Franziskus I, denn solange sich kein anderer Papst Franziskus II nennt, heisst ersterer einfach Franziskus). Seine Vorgänger waren Benedikt XVI. (früher Josef Ratzinger) aus Deutschland, Johannes Paul II., Johannes Paul I., Paul VI., Johannes XXIII. und Pius XII. Es gibt verschiedene Listen der Päpste. Gemäss der offiziellen vatikanischen Zählung ist Franziskus der 266. Papst. Zeitweise gab es allerdings nicht nur einen Papst, sondern auch Gegenpäpste, mehrere Male auch 3 (widerstreitende) Päpste gleichzeitig.

Während die römisch-katholische Kirche von Petrus als dem 1. Papst ausgeht, zeigt die Kirchengeschichte, dass sich das Papsttum erst allmählich über Jahrhunderte entwickelt hat.

Da sich die römisch-katholische Kirche nicht nur auf die Bibel, sondern auch auf die Tradition stützt, wollen wir neben der Schrift – die wir für das alleinige Wort Gottes halten – auch die Schriften der Führer der ersten Christen in unser Studium einbe­ziehen.

In dieser Broschüre gebrauche ich nicht den Begriff „Kir­chenväter“, sondern spreche lieber von den „Führern der ersten Christen“ (gemäss Hebräer 13,7).

1. Was lehrt die römisch-katholische Kirche über den Papst?

Die röm.-kath. Kirche glaubt:

„Der Herr hat den hl. Petrus zum sichtbaren Fundament seiner Kirche gemacht und ihm die Schlüssel der Kirche übergeben. Der Bischof der Kirche von Rom, der Nachfolger des hl. Petrus, ist ‚Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche’ hier auf Erden.“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Oldenburg 1993, Nr. 936)

„Wie nach der Weisung des Herrn ... der Papst als Nachfolger des Petrus...“ (Codex des kanonischen Rechtes, Butzon & Bercker 1994, Can. 330)

„Wer also behauptet: nicht aufgrund der Einsetzung von Christus dem Herrn selber, d.h. aufgrund göttlichen Rechts habe der heilige Petrus seine beständigen [!] Nachfolger im Vorrang über die gesamte Kirche, oder: der Bischof von Rom sei nicht der Nachfolger Petri in diesem Vorrang, der sei ausgeschlossen.“ (1.Vatikanum, 4. Sitzung, 2. Kapitel, 1870; zitiert in Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, Neuner-Roos, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1986, Nr. 443, S.297).

„Der Bischof der Kirche von Rom, in dem das vom Herrn einzig dem Petrus, dem Ersten Apostel, übertragene und seinen Nachfolgern zu vermittelnde Amt fortdauert, ist Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche hier auf Erden; deshalb verfügt er kraft seines Amtes in der Kirche über höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann.“ (Codex des kanonischen Rechtes, Can. 331)

Gemäss dem Apostolischen Schreiben Praeclara gratulationis von Papst Leo XIII. vom 20. Juni 1894 ist er der Stellvertreter des Allmächtigen Gottes.

„Die Kirchenversammlung zu Florenz (1439) erklärte: „Wir bestimmen, dass der Heilige Apostolische Stuhl und der römische Bischof Vorrang über den ganzen Erdkreis innehat, weiter, dass dieser römische Bischof Nachfolger des heiligen Petrus, des Apostelfürsten, wahrer Stellver­treter Christi, das Haupt der gesamten Kirche, der Vater und Lehrer aller Christen ist; dass ihm im heiligen Petrus die volle Gewalt, die ganze Kirche zu weiden, zu regieren und zu verwalten von unserem Herrn Jesus Christus übergeben ist.“ (Der Glaube der Kirche, Neuner-Roos, Nr. 434, S.292)

Zusammenfassung

Die römisch-katholische Kirche betrachtet Jesus Christus als unsichtbares Haupt der Kirche (Eph 1,22), den Papst als sichtbares Haupt. Er sei der exklusive Nachfolger von Petrus, der Stellvertreter Christi, Lehrer aller Christen und Richter über die ganze Erde.

Der Papst nennt sich auch: „Patriarch des Westens“, „Pontifex maximus“, „Bischof von Rom“, „Bischof der Bischöfe“, „Primas von Italien“, „Fürst der Apostel“, „Diener der Diener Gottes“, „Heiliger Vater“, ...

Keinen dieser Titel finden wir in der Bibel. Auch den Titel „Apostelfürst“, den die römisch-katholische Kirche Petrus und den heutigen Päpsten gibt, suchen wir in der Bibel vergeblich. Das gleiche gilt auch für das Wort „Papst“ selber.

Die Anrede „Heiliger Vater“ vergleiche man mit dem Gebot des Herrn:

„Ihr aber sollt euch nicht als Meister anreden lassen; denn einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch als Vater sollt ihr niemand von euch anreden auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel.“ (Matthäus 23,8-9).

Natürlich betrifft dieser Einwand auch das Wort „Papst“ selber, denn dieses bedeutet ja nichts anderes als „Vater“ (griech. papas; lat. papa).

Johannes Paul II versichert den Gläubigen: „Also, „fürchte dich nicht!“, wenn sie dich Stellvertreter Christi, Heiliger Vater oder Seine Heiligkeit nennen oder wenn sie Ausdrücke benützen, die dem Evangelium sogar zu widersprechen scheinen. Denn Christus selbst hat bestätigt: „Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen; ... denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen, denn nur einer ist euer Lehrer, Christus“ (Mt 23,9-10). Solche Ausdrücke sind aus einer langen Tradition erwachsen. Sie sind in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen, und man braucht sich vor ihnen nicht zu fürchten.“ (Johannes Paul II., Die Schwelle der Hoffnung überschreiten, Hoffmann und Campe, 1994, S.34).

Sollten wir uns nicht fürchten, wenn wir gegen das Wort Gottes verstossen, um unsere Traditionen einzuhalten?

Jesus Christus selber klagte die Führer des Volkes an: „und so hebt ihr mit eurer Überlieferung, die ihr weitergegeben habt, das Wort Gottes auf(Markus 7,13; vgl. Matthäus 15,6).

Das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes 1870

Anlässlich des 1. Vatikanischen Konzils (1869/1870) wurde verkündigt, dass der Papst kraft seines Amtes immer dann Unfehlbarkeit besitze, wenn er „ex cathedra“, d.h. „als oberster Hirt und Lehrer aller Gläu­bigen … eine Glaubens- oder Sittenlehre definitiv als verpflichtend ver­kündet.“ (Codex des kanonischen Rechtes, Can. 749, §1). Wenn sich jemand diesem Dogma widersetzt, „so sei er ausgeschlossen.“ (Der Glaube der Kirche, Nr. 454, S. 302)

Diese Lehre der Unfehlbarkeit des Papstes war am Konzil stark umstritten, speziell auch von röm.-kath. Kirchengeschichtlern.

Heute ist die Anerkennung des päpstlichen Primates für alle Katholiken zum Heile notwendig. (Bis 1870 konnten Katholiken gerettet werden ohne den Papst für unfehlbar zu halten).

An der Allgemeinen Kirchenversammlung zu Konstanz, 5.Sitzung, im Dekret „Sacrosancta“ (6.April 1415) hiess es noch, dass auch der Papst sich der der Synode unterzuordnen hat:

„Die Synode erklärt erstens: Als im Heiligen Geist rechtmässig versammelt, ein Allgemeines Konzil bildend und die katholische Kirche repräsentierend, hat die Synode ihre Gewalt unmittelbar von Christus. Ihr hat also jedermann, welchen Standes oder welcher Würde auch immer, selbst der päpstlichen, zu gehorchen in allem, was den Glauben, die Überwindung des besagten Schismas und die Reform dieser Kirche an Haupt und Gliedern betrifft.“ (Der Glaube der Kirche, Nr. 433, S. 291)

So wurden an jenem Konzil auch die 3 widerstreitenden Päpste abgesetzt und durch einen neuen Papst ersetzt. Damals hatten die Konzilien noch höhere Autorität als der Papst.

2. Die zentrale Bibelstelle Matthäus 16,13-20

Hier zunächst der ganze Abschnitt gemäss der römisch-katholischen Übersetzung von Josef Kürzinger:

13 „Als Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: „Für wen halten die Leute den Menschensohn?“ 14 Sie erwiderten: „Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija, andere für Jeremia oder für einen von den Propheten.“ 15 „Da fragte er sie: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ 16 Simon Petrus antwortete: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“ 17 Darauf sagte Jesus zu ihm: „Selig bist du, Simon, Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist. 18 Und ich sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. 19 Dir will ich die Schlüssel des Himmelreichs geben. Was du binden wirst auf Erden, wird gebunden sein im Himmel, und was du lösen wirst auf Erden, wird gelöst sein im Himmel.“ 20 Dann gebot er seinen Jüngern streng, sie sollten niemand sagen, dass er der Messias sei.“

2.1. Wie versteht die römisch-katholische Kirche diese Bibelstelle?

Schauen wir uns zunächst an, was vier verschiedene römisch-katholische Bibelübersetzungen in ihren Anmerkungen zu dieser Stelle schreiben:

„Der Heiland hatte dem Simon schon bei der Berufung (Joh 1,42) den Namen ‚Fels’ (Kephas, Petrus) gegeben. Hier macht er ihn zum sichtbaren Grund­stein des äusseren Gebäudes der Kirche, der sichtbaren Gemeinschaft der Gläubigen. Petrus ist der Fels der sichtbaren Kirche durch seinen Glauben und in seinem Glauben.“ (Das Neue Testament, P.Johann Perk, Verlagsanstalt Benzinger, Einsiedeln, 1948, Imprimatur, Anmerkung, S.53f).

In der aramäischen Grundsprache hat der Herr beidemal dasselbe Wort kepha=Fels gebraucht. Er verheisst dem Petrus die oberste Gewalt, den Primat, und erklärt ihn für das Fundament der Kirche, für den Inhaber der Schlüsselgewalt, der Binde- und Lösevollmacht, also der obersten kirchlichen Gewalt. Himmelreich ist gleich Gottesreich oder Kirche.“ (Das Neue Testament, P. Dr. Konstantin Rösch, neu bearbeitet von P. Dr. Kapistran Bott, Verlag Schöningh, München, 1967, Imprimatur, Anmerkung, S.46).

„Schon in der Wahl des Beinamens Petrus, aramäisch Kepha, d.h. Fels (Joh 1,42) hatte Jesus die hier verheissene oberste Stellung in der zu gründen­den Kirche angedeutet. Die ‚Schlüssel des Himmelreichs’ bedeuten die oberste Vollmacht in den Angelegenheiten des Gottesreiches. Die ‚Binde- und Lösegewalt’ wurde auch den übrigen Aposteln übertragen, Mt 18,18 Vgl. Joh 21,15-17“. (Das Neue Testament, Josef Kürzinger, Anmer­kung, S.25)

„Weder das griechische Wort petros noch anscheinend auch die aramäische Entsprechung kepha „Fels“ wurde als Personenname gebraucht; erst Jesus nannte so den Führer der Apostel, um dessen Rolle bei der Gründung der Kirche zu versinnbilden. ... Genauso wie die Stadt des Todes hat die Stadt Gottes Pforten; sie gewähren nur jenen Einlass, die würdig sind. Petrus empfängt die Schlüssel zu diesen Toren. Es wird also ihm zukommen, den Zugang zum Himmelreich durch die Vermittlung der Kirche zu öffnen oder zu schliessen. – „Binden“ und „Lösen“ sind zwei rabbinische Fachausdrücke, die sich zunächst auf das Disziplinarverfahren der Exkommunikation (binden = den Bann verhängen; lösen = den Bann aufheben), dann vor allem auf die Lehr- oder Rechtsentscheidungen beziehen (binden = als verboten erklären; lösen = als erlaubt erklären). Als bevollmächtigter Verwalter (dessen Würdezeichen die Schlüssel sind, vgl. Js 22,22) des Hauses Gottes soll Petrus die Disziplinargewalt ausüben, nach seinem Urteil zu diesem Hause zuzulassen oder davon auszuschliessen, und die bei der Verwaltung der Gemeinde notwendigen Entscheidungen in Sachen der Lehre und Sitte treffen. Seine Rechtssprüche und Lehrentscheidungen werden durch Gott vom Himmel her bestätigt werden. – Nach Ansicht katholischer (!) Exegese gelten diese fortdauernden Verheissungen nicht nur für die Person des Petrus, sondern auch für seine Nachfolger; obwohl diese Folgerung im Text nicht ausdrücklich angezeigt ist, ist sie doch berechtigt aufgrund der offenkundigen Absicht Jesu, für die Zukunft seiner Kirche durch eine Institution zu sorgen, die mit dem Tode des Petrus nicht hinfällig wird. – Zwei weitere Texte, Lk 22,31 und Jo 21,15f, heben hervor, dass der Vorrang des Petrus insbesondere in der Ordnung des Glaubens ausgeübt werden soll und dass er durch diesen Vorrang nicht nur Haupt der künftigen Kirche, sondern bereits der anderen Apostel wird.“ (Kleine Jerusalemer Bibel, Herder-Übersetzung, Verlag Herder, Freiburg, 1968, S.40).

Man beachte den Widerspruch zwischen „nicht ausdrücklich angezeigt“ und „offenkundige Absicht“!

2.2. Wie verstanden die Führer der ersten Christen diese Bibelstelle?

Weder Paulus noch Johannes verweisen in ihren Schriften auf diese Bibel­stelle. Aber auch Petrus erwähnt die Szene von Mt 16 in keinem seiner zwei Briefe, obwohl doch wenigstens er die Bedeutung der Worte Jesu in Mt 16 verstanden haben müsste! Ja, auch in den ersten 2 Jahrhunderten nach dem Tod der Apostel verwendete keiner der frühen christlichen Schreiber diese Bibelstelle als Beleg eines Vorranges des Bischofs von Rom.

Der erste Erwähnung von Mt 16,17 (nicht etwa Vers 18!) finden wir um 156 n.Chr. bei Justin dem Märtyrer in seinem Dialog mit dem Juden Trypho, Kapitel 100, Absatz 4 (Vergleiche:        bkv.unifr.ch/works/87/versions/100/divisions/97097).

Die römisch-katholische Kirche beruft sich oft auf die „einstimmigen“ Aussagen und Überlieferungen der Kirchenväter:

„In offenem Widerspruch zu dieser so klaren Lehre der Heiligen Schrift [zu Jo 21,15ff], wie sie die Kirche stets verstand, ... (1. Vatikanum, 4. Sitzung, 1. Lehrentscheid, 1. Kapitel, Neuner-Roos, §439, S.295)

„Hierüber war es einstimmige Meinung und Ausspruch aller Väter, dass dieses sichtbare Haupt zur Herstellung und Bewahrung der Einheit der Kirche notwendig gewesen ist.“ (Der römische Katechismus nach dem Beschluss des Konzils von Trient, 1.Teil, 10.Hauptstück, 12.Abschnitt, Petrus-Verlag, 1970, S.78)

Oder bei der Begründung der päpstlichen Unfehlbarkeit:

„... in treuem Anschluss an die vom Anfang des christlichen Glaubens her erhaltene Überlieferung ...“ (1.Vatikanum, 4.Sitzung, 1. Lehrent­scheid, 4. Kapitel, Neuner-Roos, Nr. 454, S.302).

Die Behauptung der röm.-kath. Kirche dass es so etwas wie eine einheit­liche Lehre, bzw. Übereinstimmung unter den Führern der ersten Christen gäbe, erweist sich auch hinsichtlich des Papsttums als Wunsch­denken.

Denn es findet sich in diesen ersten Schriften über die Bedeutung von Mt 16,18 keine Einigkeit. Einige verstanden unter dem Felsen Christus, andere Petrus oder alle Apostel. Die meisten aber dachten, dass mit dem Fels der Glaube, bzw. das Bekenntnis des Petrus gemeint sei. Aber wie auch immer, keiner der über 80 „Kirchenväter“ dachte dabei an irgendwelche Bischöfe als Nachfolger des Petrus.

Die ausführlichste mir bekannte Studie über das Verständnis dieser Bibelstelle unter den Führern der ersten Christen ist als fast 400 seitiges Buch mit dem Titel The Matthew 16 Controversy – Peter and the Rock 1996/1999 vom ehemaligen Katholiken William Webster geschrieben worden. (Im Internet sind die Teile 1+2 als Artikel abrufbar unter:         https://christiantruth.com/articles/stephen-ray-a-refutation-of-the-misrepresentations-of-the-writings-of-augustine-and-william-webster-by-roman-catholic-stephen-ray/ und
www.christiantruth.com/articles/articles-roman-catholicism/fathersmt16/).

Nun zu einigen Beispielen von Aussagen der Führer der ersten Christen:

Soweit die Werke auf der Homepage bkv.unifr.ch/ der katholischen Univer­sität Freiburg (CH) auf Deutsch vorliegen, wurden die Zitate daraus ent­nommen, wo (noch) nicht, sind die Zitate aus dem Englischen übersetzt worden.

Hilarius von Poitiers (ca. 315-367/368 n. Chr.)

„... so frage ich, woraufhin denn eigentlich der selige Simon Bar-Jona sein Bekenntnis abgelegt hat: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.” (bkv.unifr.ch/works/153/versions/172/divisions/105650-fn:571)

„Also auf diesem Felsenbekenntnis steht der Bau der Kirche. ... Christus nicht nur den Sohn Gottes zu nennen, sondern ihn glaubensmässig bekennen. ... Jener hat Christus als den Sohn Gottes bekannt; ... Den Sohn Gottes hat er bekannt, und deswegen ist er selig. Das ist die Offenbarung des Vaters, das die Grundfeste der Kirche, das die sichere Gewähr der Ewigkeit.“ (De Trinitate, 6.Buch, 36-37; abrufbar unter:     bkv.unifr.ch/works/153/versions/172/divisions/105650 und /105651)

Fazit: Der Fels ist das Bekenntnis des Petrus.

Origenes (ca. 185-253/254 n. Chr.)

„Und wenn auch wir wie Petrus gesagt haben: ‚Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes’, nicht als ob Fleisch und Blut dies uns offen­bart hätte, sondern dass das Licht von dem Vater im Himmel in unsere Herzen geleuchtet hat, werden wir wie Petrus, und das Wort könnte zu uns sagen: ‚Du bist Petrus’, usw. Denn jeder Nachfolger von Christus, von welchem alle tranken, die aus dem geistlichen Felsen tranken, der ihnen folgte, ist ein Fels und auf jedem solchen Fels ist jedes Wort der Gemeinde gebaut, und in Übereinstimmung damit auch die Kirchenver­fassung. Denn Gott baut die Gemeinde mit allen Erlösten, welche Wort und Tat und Gedanken verbinden, was die Glückseligkeit vervollständigt.

Aber wenn du denkst, dass Gott die ganze Gemeinde auf den einen Petrus baut, was würdest du denn über Johannes, den Donnersohn oder jeden anderen der Apostel sagen?

Sollen wir andererseits zu sagen wagen, dass die Pforten des Totenreichs ganz speziell den Petrus nicht überwältigen können, dass sie aber die anderen Apostel und die Erlösten überwältigen können? Bezieht sich der Vers „Die Pforten des Totenreichs sollen sie nicht überwältigen“ nicht auf alle und auf jeden Umstand, in dem sich ein jeder von ihnen befinden mag? So auch die Aussage „auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen“. Übergibt der Herr die Schlüssel des Himmelreiches nur dem Petrus? Wird kein anderer unter den Gesegneten ihn erhalten? Wenn aber die Verheissung „ich will dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben“ auch anderen gilt, wie kann es sein, dass all die anderen Dinge, von denen wir soeben geredet haben und das, was auf Petrus bezogen wird, nicht ebenfalls ihnen allen gelten!“ (Ante-Nicene Fathers, Volume 9, Origen’s Commen­tary on Matthew, Buch 12, 10-11, Allan Menzies, Hedrickson Publishers, S.456; Ü: P. Tschui).

Fazit: Jeder, der wie Petrus Jesus Christus als den Sohn des lebendigen Gottes bekennt, ist ein Fels.

Cyprian von Karthago (- 258 n. Chr.)

„Denn auch Petrus, den der Herr als ersten auserkor und auf den er seine Kirche baute, ...“ (71. Brief, 3.Kapitel; abrufbar unter         bkv.unifr.ch/de/works/513/versions/813/divisions/168578)

Fazit: Der Fels ist Petrus.

Theodoret von Cyrus (-466 n. Chr.)

„Niemand soll also törichterweise annehmen, dass Christus etwas anderes ist als der eingeborene Sohn. Bilden wir uns nicht ein, weiser zu sein als die Gabe des Geistes. Lasst uns die Worte des grossen Petrus hören: ‚Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes’. Hören wir den Herrn Christus, der dieses Bekenntnis bestätigt, denn ‚auf diesen Felsen’, sagt er, ‚will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.’ Darum hat auch der weise Paulus, der vortreffliche Baumeister der Kirchen, kein anderes Fundament als dieses gelegt. ‚Ich’, sagt er, ‚habe den Grund gelegt wie ein weiser Baumeister, und ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baue. Denn einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.’ Wie können sie dann an einen anderen Grund denken, wenn sie aufgefordert werden, keinen anderen Grund zu legen, sondern auf dem zu bauen, der gelegt ist? Der göttliche Schreiber erkennt Christus als den Grund an und rühmt sich dieses Titels, wenn er sagt: ‚Ich bin mit Christus gekreuzigt; dennoch lebe ich; doch nicht ich, sondern Christus lebt in mir.’“ (Philipp Schaff, Nicene and Post-Nicene Fathers, Brief Nr. 146 an Johannes, CXLVI. To John the Œconomus, S.735; ccel.org/ccel/s/schaff/
npnf203/cache/npnf203.pdf; Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator).

Fazit: Der Fels ist Christus.

Tertullian (150 - ca. 220 n. Chr.)

„Doch nun stelle ich eine Untersuchung über deine Ansicht an, woher du dieses Recht für die Kirche in Anspruch nimmst. Wenn du deshalb, weil der Herr zu Petrus gesagt hat: „Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, dir habe ich die Schlüssel des Himmelreiches gegeben”, oder: „Was du binden und lösen wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gebunden und gelöst sein”, wenn du also deshalb annimmst, die Binde- und Lösegewalt sei auch auf dich, d. h. auf jede Kirche, die mit Petrus (oder: mit der Kirche Petri) verwandt ist, übergegangen: wie kannst du dich erdreisten, die offenkundige Absicht des Herrn, der dieses dem Petrus nur persönlich überträgt, umzustossen und zu verdrehen! Auf dich, heisst es, will ich meine Kirche bauen und dir will ich die Schlüssel geben, nicht der Kirche, und was du binden und lösen wirst, nicht was sie lösen und binden werden.“ (De pudicitia – Über die Ehrbarkeit, 21.Kapitel,    
https://bkv.unifr.ch/works/77/versions/90/divisions/46763).

Fazit: Tertullian sah im Felsen also Petrus, aber explizit nur ihn – keinen Nachfolger oder Bischof von Rom.

Bischof Fortunatus von Tuccaboris (?)

„Jesus Christus unser Herr und Gott, Sohn von Gott, dem Vater und Schöpfer baute seine Gemeinde/Kirche auf einen Felsen, nicht auf Häresien; ...“ (7.Konzil von Karthago, 258 n. Chr.;   abrufbar unter      mbsoft.com/believe/txu/cyprian8.htm)

Fazit: Für Ihn gründete die Kirche auf dem rechten Glauben, nicht auf Petrus und seinen Nachfolgern. Gerade in diesem Konzil ging es um die Erwiderung gegen den angeblichen Papst Stephanus I von Rom).

Selbst Augustinus und Hieronymus, zwei der Kirchenlehrer der römisch-katholischen Kirche, lehrten, dass der Fels Christus sei.

Hieronymus (ca. 347-420 n. Chr.)

„Gab es keinen anderen Ort in der ganzen Welt ... ausser dem Bereich, der durch die Lehre von Petrus auf Christus, den Felsen gebaut war ... Du aber sagst: Die Gemeinde wurde auf Petrus aufgebaut, wo doch andere Stellen das gleiche von allen Aposteln sagen. Sie alle hatten die Schlüssel des Himmelreichs und die Stärke der Gemeinde hängt von ihnen allen gleicherweise ab. Und doch wurde einer von den Zwölfen ausgewählt, damit es nicht zu einer Spaltung kam, wenn ein Haupt ernannt wurde.“ (Hieronymus, Gegen Jovianus 1,26; zitiert in Philip Schaff, Nicene and Post-Nicene Fathers, Serie II, Vol. VI, S. 812f; Ü: P.Tschui).

Augustinus (354-430 n. Chr.)

„Wiederum, als der Herr Jesus Christus fragte, für wen die Menschen ihn hielten, und als die Jünger die verschiedenen Meinungen der Menschen nannten, fragte der Herr erneut und sagte: ‚Aber wer sagt ihr, dass ich bin?’ Da antwortete Petrus: ‚Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.’ Einer für viele gab die Antwort, Einheit in vielen. Da sprach der Herr zu ihm: ‚Selig bist du, Simon Barjonas; denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.’ Dann fügte er hinzu: ‚und ich sage dir’. Wie wenn er gesagt hätte: ‚Weil du zu mir gesagt hast: 'Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes', sage ich auch zu dir: 'Du bist Petrus'.’ Denn vorher wurde er Simon genannt. Nun gab ihm der Herr den Namen Petrus, und zwar in einem Bild, das die Kirche bezeichnen sollte. Christus ist der Fels (Petra), Petrus das christliche Volk. Denn der Fels (Petra) ist der ursprüngliche Name. Der Name Petrus ist von dem Felsen abgeleitet, nicht der Fels von Petrus, wie auch Christus nicht von „Christ“ kommt, sondern der Christ von Christus. ‚Darum’, sagt er, ‚du bist Petrus; und auf diesen Felsen’, den du bekannt hast, auf diesen Felsen, den du anerkannt hast, indem du sagtest: ‚Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes’, auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen’, das heisst auf mich, den Sohn des lebendigen Gottes, will ich meine Kirche bauen.’ Ich will dich auf mich bauen, nicht mich auf dich.

Denn die Menschen, die auf Menschen gebaut werden wollten, sagten: ‚Ich gehöre zu Paulus; ich zu Apollos, ich zu Kephas’, der Petrus ist. Andere aber, die nicht auf Petrus, sondern auf den Felsen gebaut werden wollten, sagten: ‚Aber ich gehöre zu Christus.’ Und als der Apostel Paulus feststellte, dass die Leute ihn wählten und Christus verachteten, schrieb er: ‚Ist Christus geteilt, wurde denn Paulus gekreuzigt für euch, oder wurdet ihr auf den Namen des Paulus getauft?’ Nein, nicht auf den Namen des Paulus, und auch nicht auf den Namen des Petrus, sondern auf den Namen Christi, damit Petrus auf den Felsen gebaut werde und nicht der Fels auf Petrus.“ (Philip Schaff, Nicene and Post-Nicene Fathers, Bd. VI, Predigten über Lektionen des Neues Testamentes, Predigt 26,1-2, S.717; übersetzt mit DeepL; ccel.org/ccel/schaff/npnf106/cache/npnf106.pdf).

Gregor der Grosse (590-604 n. Chr.)

Und wie verstand der Papst Gregor der Grosse diese Bibelstelle?

„Verharret vielmehr im wahren Glauben und gründet Euer Leben auf den Fels der Kirche, d.h. auf das Bekenntnis des hl. Apostelfürsten Petrus.“ (Brief an die Longobardenkönigin Theodolinde; siehe bkv.unifr.ch/de/works/265/versions/286/divisions/99356)

Fazit: Gregor der Grosse verstand also unter dem Fels das Bekenntnis des Petrus.

Auch diejenigen, die den Fels auf Petrus deuteten, glaubten nicht an eine exklusive Autorität des Petrus über die anderen Apostel. Schon gar nicht an den Vorrang eines „Nachfolgers“ von Petrus oder des Bischofs von Rom. Sie glaubten, dass die Autorität, die Petrus erhielt, auch den anderen Apostel in gleicher Weise gegeben war:

„Gewiss waren auch die übrigen Apostel das, was Petrus gewesen ist, mit dem gleichen Anteil an Ehre und an Macht ausgestattet.“ (Cyprian, Über die Einheit der katholischen Kirche, 1.Teil, 4.Kapitel; siehe bkv.unifr.ch/de/works/93/versions/106/divisions/103064)

„Auch war Paulus nicht niedriger als Petrus, obwohl jener das Funda­ment der Kirche war.“ (Ambrosius, 3 Bücher über den Heiligen Geist, an den Kaiser Gratian, 2.Buch, 13.Kapitel, 158.Abschnitt, S.321;      ccel.org/ccel/schaff/npnf210/cache/npnf210.pdf)

Und wie verstand der ehemalige Papst Johannes Paul II. diese Stelle?

„Schliesslich ist Petrus derjenige, ... der seinen Glauben bis zum Ende beibehalten hat: ‚Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes’ (Mt 16,16). Auf diese Weise ist er der ‚Fels’ geworden, obwohl er als Mensch vielleicht nur weicher Sand war. Christus selbst ist der Fels, und Christus baut seine Kirche auf Petrus. Auf Petrus, Paulus und die Apostel. ... In der Kirche – die auf dem Fels gründet, der Christus ist ...“ (Johannes Paul II., Die Schwelle der Hoffnung überschreiten, S.37+39)

Fazit: Christus selbst ist der Fels!

2.3. Wie soll man diese Stelle nun verstehen?

Mt 16,18-19: Und ich sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. 19 Dir will ich die Schlüssel des Himmelreichs geben. Was du binden wirst auf Erden, wird gebunden sein im Himmel.“

Die Auslegung dieser Bibelstelle wird erschwert, weil sie sich nur im Evangelium des Matthäus findet – die anderen drei Evangelien sagen nichts über diese Begebenheit (was an und für sich schon bezeichnend ist, denn der Primat des Petrus wäre ja eine ganz zentrale Lehre). Zudem besteht die Gefahr, dass man als Grundlage für die Auslegung nicht den Text selber nimmt, sondern vom jeweiligen Standpunkt ausgeht, also von dem, was man in bezug auf einen „Papst“ von vorneherein denkt.

1. Im Textzusammenhang geht es um die Frage: Wer ist Jesus Christus?

„Als Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: „Für wen halten die Leute den Menschensohn?“ (Vers 13)

„Simon Petrus antwortete: ‚Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.’“ (Vers 16)

„Dann gebot er seinen Jüngern streng, sie sollten niemand sagen, dass er der Messias sei.“ (Vers 20)

Es geht um das Bekenntnis zum Sohn Gottes, bzw. zum Messias (vgl. V. 23).

2. In dieser Stelle unterscheidet Jesus Christus zwischen Petrus (griech. petros) und Fels (griech. petra). Er sagt hier weder „auf mich, petra“, noch „auf dich, petros“, sondern „auf diese petra“.

3. Die röm.-kath. Kirche argumentiert, dass es im Aramäischen, welches Jesus sehr wahrscheinlich gesprochen habe, die Unterscheidung zwischen petros und petra nicht gebe.

Spätere, nicht-inspirierte syrisch/aramäische Übersetzungen aus dem Griechischen verwenden tatsächlich zweimal das gleiche Wort.

Nun aber haben wir die inspirierte Schrift auf Griechisch überliefert, nicht auf Aramäisch. Und in diesen inspirierten Dokumenten wird der Unter­schied zwischen petros und petra gemacht. Ein überliefertes aramäisches „Original“ hingegen ist nicht vorhanden.

Warum hätte Matthäus im Griechischen zwei verschiedene Wörter gebraucht, wenn Jesus Christus im Aramäischen zweimal das gleiche verwendet hätte?

4. Nun ist es richtig, dass der Herr Jesus Christus dem Simon den ara­mäischen Beinamen Kephas gegeben hat: „’Du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kefas genannt werden’ – das heisst übersetzt: Petrus (Fels)“ (Joh 1,42).

Nun steht hier im inspirierten griechischen Text aber nicht petra („Fels“), sondern petros! An keiner Stelle wird Petrus als petra bezeichnet.

5. Im Alten Testament wird Gott in vielen Stellen „Fels“ genannt, z.B. in 5.Mose 32,4.31; 1.Sam 2,2; Ps 18,3.32; 78,35; Jes 28,16; 44,8.

Im Neuen Testament wird auch Christus als Fels bezeichnet.

„Der Fels (griech. petra) aber war Christus (1.Kor 10,4).

Petrus selbst verbindet den Felsen mit Christus:

„Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar; den Ungläubigen aber ist er ‚der Stein, den die Bauleute verwarfen und der dennoch zum Eckstein wurde’ (Ps 118,22), und ‚ein Stein des Anstosses und ein Fels [petra] des Ärgernisses (Jes 8,14).“ (1.Petr 2,7f)

„... wie geschrieben steht: ‚Siehe, ich lege in Zion einen Stein [lithos] des Anstosses und einen Fels [petra] des Ärgernisses [Jesus Christus]...’“ (Anfang von Röm 9,33).

Und jeder, der sich alleine auf das Erlösungswerk Jesu stützt und daran glaubt gehört zur Kirche:

„ ... und wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden“. (Fortsetzung von Röm 9,33)

6. Worauf soll der Mensch sein Haus bauen?

„Jeder nun, der diese meine Worte hört und danach handelt, wird gleich sein einem klugen Mann, der sein Haus auf den Felsen [petra] baute. Es fiel der Platzregen, es kamen die Wasserbäche, es brausten die Winde und stiessen an jenes Haus, aber es stürzte nicht ein; denn auf Felsengrund [petra] war es gebaut.“ (Mt 7,24)

7. Tatsächlich haben aber Petrus (und mit ihm die anderen Apostel von Jesus Christus samt den neutestamentlichen Propheten) eine wichtige Rolle im Legen des Fundamentes der Kirche:

„ ... aufgebaut auf dem Fundament (themelion) der Apostel und Propheten, und der Eckstein (akrogoniaion) davon ist Christus Jesus“ (Epheser 2,20).

Paulus spricht von sich:

„Denn Gottes Mitarbeiter sind wir [!]; Gottes Ackerfeld; Gottes Bauwerk seid ihr. Nach der mir von Gott verliehenen Gnade legte ich wie ein weiser Baumeister den Grund (themelion); ein anderer baut darauf weiter; doch sehe ein jeder, wie er weiterbaut. Denn einen anderen Grund (themelion) kann niemand legen als den, der gelegt ist, das ist Jesus Christus“ (1.Kor 3,9-11).

Die Apostel und Propheten erhielten die Offenbarung Gottes, wie wir sie nun im Neuen Testament finden. Petrus erhielt als erster die zentrale Of­fenbarung, dass Jesus der Christus ist: „Du bist der Messias [= Christus], der Sohn des lebendigen Gottes.“ (Mt 16,16!)

Die ersten Christen „verharrten in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und in den Gebeten“ (Apg 2,42).

8. Auch die meisten Führer der ersten Christen haben das Wort „Fels“ dem Bekenntnis zum Messias (Jesus ist der Christus) zugeordnet (siehe oben).

Petrus heisst Kephas (griechisch petros), weil er sich zum Felsen (petra) bekennt, welcher Jesus Christus ist.

Fazit: Wer Jesus Christus als den Messias (den von Gott gesalbten Retter) bekennt, gehört zu der Einheit, die Jesus als „meine Kirche“ bezeichnet. Er redet von seiner Kirche, nicht von einer Kirche Roms!

9. Weder Petrus, noch die anderen Schreiber des NT, noch die Führer der ersten Christen haben diese Bibelstelle (und die wichtige Stellung des Petrus) so verstanden, wie es die römisch-katholische Kirche heute tut.

Denn sogar bei einer Auslegung von Petrus als Fels sagt dieser Vers nichts über einen Nachfolger von Petrus aus. Auch Rom wird mit keinem Wort erwähnt. Es gibt auch keine andere Bibelstelle, in der von einem Nachfolger Petri oder von „Rom“ als oberste Bischofsstadt die Rede wäre. Sollte Gott es wirklich vergessen haben, wenigstens in einem der 27 Bücher des Neuen Testamentes diese wichtige Lehre der Obersten Autorität eines zukünftigen Bischofs von Rom zu erwähnen? Sollten wir unseren Glauben nicht viel­mehr auf das stützen, was Gott in seinem Wort klar gesagt hat?

3. Weitere Argumente der römisch-katholischen Kirche für das Papsttum

„In den neutestamentarischen Schriften wird Petrus über 200 Mal genannt und übernimmt so eine grundlegende Bedeutung als wichtigster der Jünger Jesu, der erste, der in allen Aufzählungen der zwölf Apostel genannt wird. ... Von der Anwesenheit des hl. Petrus in Rom und von seinem Martyrium, das wahrscheinlich im Jahr 67 unter Kaiser Nero stattfand – dasselbe Jahr, in dem, ebenfalls in Rom, auch der Apostel Paulus den Tod fand – finden wir seit dem Ende des I. Jh. Spuren in den christlichen Quellen. Das Zeugnis dieser Autoren ist übereinstimmend, vom hl. Papst Clemens I. über den hl. Bischof Dionysos von Korinth bis hin zu Origenes, die allesamt am Ende des III. Jh. vom grossen Historiker Eusebius von Caesarea wieder aufgenommen werden, der von der Nachricht der Kreuzigung des Apostels mit dem Kopf nach unten berichtet.“ (Die Päpste – Zwanzig Jahrhunderte Geschichte, Libreria Editrice Vaticana, 2006, S.5)

Es ist wichtig, genau hinzuschauen, wer was wann gesagt hat. Vom Ende des 1. Jahrhunderts haben wir nur eine Aussage von Clemens, dass Petrus als Märtyrer gestorben ist – ohne Angabe des Ortes seines Todes (siehe Zitat S.25 in dieser Broschüre). Auch die Aussage von Dionysos bringt nur „Spuren“ (siehe Zitat S.29), sie wird von Eusebius zitiert. Von „übereinstimmend“ (siehe Zitat) kann also nicht die Rede sein, höchstens vielleicht von ergänzend.

Ja gewiss, Petrus war ein Führer der Apostel. Lk 5,8, vielleicht sogar „primus inter pares“ (Erster unter Gleichgestellten), nicht weniger, aber auch nicht mehr.

3.1 Die Schlüssel des Himmelreiches

Was ist mit den „Schlüsseln des Himmelreiches“ (Mt 16,19) gemeint? Zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass hier die Rede ist vom „Himmelreich“ und nicht vom Himmel. Die Bibel versteht unter „Reich der Himmel“ nicht den „Himmel“. Es geht nicht um den Eintritt in den Himmel.

Schlüssel geben dem Besitzer die Möglichkeit zu öffnen und zu schliessen (Jes 22,22; Lk 11,52; Offb 3,7-8; 9,1-2; 20,1-3).

Petrus bekam Autorität. Die Frage ist wofür?

Wie gebrauchte Petrus seine Schlüssel? Antwort: Immer, wenn ein neuer Kreis von Menschen gläubig wurde, hatte Petrus eine zentrale Rolle: Juden (Apg 2), Samariter (Apg 8) und Heiden (Apg 10) (Vgl. die Ankündigung der stufenweisen Verbreitung des Evangeliums in Apg 1,8). Petrus handelte jedoch nicht unabhängig, denn in Apg 14,27 heisst es von Gott, „dass er den Heiden das Tor zum Glauben aufgetan habe“ (vgl. auch mit Apg 15,7).

Wie verstand zum Beispiel Tertullian die „Schlüssel?

„Doch nun stelle ich eine Untersuchung über deine Ansicht an, woher du dieses Recht für die Kirche in Anspruch nimmst. Wenn du deshalb, weil der Herr zu Petrus gesagt hat: ‚Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, dir habe ich die Schlüssel des Himmelreiches gegeben’, oder: „Was du binden und lösen wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gebunden und gelöst sein”, wenn du also deshalb annimmst, die Binde- und Lösegewalt sei auch auf dich, d. h. auf jede Kirche, die mit Petrus (oder: mit der Kirche Petri) verwandt ist, übergegangen: wie kannst du dich erdreisten, die offenkundige Absicht des Herrn, der dieses dem Petrus nur persönlich überträgt, umzustossen und zu verdrehen! Auf dich, heisst es, will ich meine Kirche bauen und dir will ich die Schlüssel geben, nicht der Kirche, und was du binden und lösen wirst, nicht was sie lösen und binden werden. So lehrt es auch der Verlauf der Sache. In ihm ist die Kirche erbaut worden, d. h. durch ihn, er selbst hat den Schlüssel zuerst gebraucht, sieh hier, welchen: ‚Ihr Männer von Israel, höret, was ich sage: Jesum von Nazareth, den Mann, der euch von Gott bestimmt war usw.”. Er selbst hat dann zuerst den Zugang zum Himmelreiche aufgeriegelt in der Taufe Christi; durch sie werden die Sünden, die früher gebunden waren, gelöst, und jene gebunden, die nicht gelöst worden sind, entsprechend dem wahren Heil.’ ...[Petrus] sprach zuerst für die Berufung der Heiden: ‚Und nun’, sagte er, ‚warum habt ihr den Herrn versucht, den Brüdern ein Joch aufzuerlegen, das weder wir, noch unsere Väter zu tragen imstande waren? Durch die Gnade Christi glauben wir das Heil erlangt zu haben, so wie auch sie’. Dieser Ausspruch löste das, was vom Gesetze noch geblieben war, und band das, was bestehen blieb. Mithin hat die dem Petrus übertragene Binde- und Lösegewalt nichts zu schaffen mit Kapitalvergehen der Gläubigen. Wenn ihm der Herr vorgeschrieben hatte, sogar dem siebenundsiebzigmal gegen ihn fehlenden Bruder zu vergeben, so würde er ihm sicherlich nicht später befohlen haben, etwas zu binden, d.h. zu behalten, wenn nicht gerade die Sünden, die jemand gegen den Herrn, nicht gegen den Bruder begangen hat. Denn wenn die gegen Menschen begangenen Sünden vergeben werden, so ist darin von vornherein das Urteil ausgesprochen, dass die Sünden gegen Gott nicht nachgelassen werden sollen.“ (Tertullian, Über die Ehrbarkeit, Kapitel 21; siehe: bkv.unifr.ch/de/works/77/versions/90/divisions/46763)

Fazit: Die Schlüssel sind die Vollmacht der Verkündigung der Sündenver­gebung durch das Evangelium.

3.2 Binden und Lösen

Wir beginnen mit einem Zitat aus dem Buch Ich wählte die Wahrheit des ehemaligen röm.-katholischen Priesters Luis Padrosa:

„Wenn Petrus und seine Nachfolger jemandem die Tür verschliessen und Jesus sie doch auftut, und wenn Petrus und seine Nachfolger sie anderseits auftun, Jesus sie aber verschliesst, so war es nutzlos, Petrus und seinen Nachfolgern die Schlüsselgewalt zu übergeben. Es wäre dann nur ein blosses Wortspiel. Haben aber andererseits Petrus und seine Nachfolger die Schlüsselgewalt empfangen, so müssen die von ihnen geöffneten Türen offen und die verschlossenen verschlossen bleiben.

Ist dies tatsächlich so? Die katholische Kirche behauptet es.

Wir jedoch bekunden: Wenn dem wirklich so ist, ergibt sich diese logische Folgerung: Jesus hat für immer und in jedem Fall verzichtet, die Menschen zu richten, da Petrus und seine Nachfolger die absoluten Richter und Herren des Himmels und der Erde sind, was das Heil der Menschen anbelangt. Es werden nur die eingehen, die von Petrus und seinen Nachfolgern als würdig befunden werden; denen sie aber die Türe verschliessen, die müssen draussen bleiben.

Ist dies Wirklichkeit, dann müssen wir fragen: Wie hat Jesus sagen können: ‚Und es werden alle Völker vor ihm versammelt werden, und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Die Schafe wird er zu seiner Rechten, die Böcke aber zu seiner Linken stellen.’“ (Christliches Verlagshaus Bern, 1962, S.17)

Die Vollmacht zu „Binden und Lösen“ galt nicht nur Petrus, sondern allen Aposteln (Mt 18,18).

Es ist die Rede von Dingen, nicht von Personen: Was ihr binden werdet, nicht wen.

Wie verstanden die Juden den Ausdruck „Binden und Lösen“?

Sie verstanden darunter etwas aus dem (mosaischen) Gesetz für verboten oder erlaubt zu erklären (vgl. Commentary on the New Testament from the Talmud and Hebraica – Vol. 2, John Lightfoot, Hendrickson Publishers, 1859/1997, S. 237-240).

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Nun wollen wir uns noch kurz ein paar anderen Bibelstellen zuwenden, in denen die römisch-katholische Kirche Belege für ihre Vormachtsstelle sieht Auf die Bibelstellen Lk 22,31-32 und Joh 21,15-16 beruft sich auch Johannes Paul II. in seinem Buch Die Schwelle der Hoffnung überschreiten (S.36):

Lk 22,31-32: „... stärke dereinst deine Brüder“: Dies sagte der Herr zu Petrus kurz bevor dieser ihn verleugnete!

Joh 20,23: „Denen ihr die Sünden vergebt, für die sind sie vergeben; denen ihr die Sünden belasst, für die sind sie belassen.“: Dies geschah nicht im Beichtstuhl, sondern in der Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus durch die Apostel (Apg 10,43; 13,38; 26,18; vgl. andererseits Joh 9,41), denn in diesem Punkt hatten die Führer der Juden recht: Sünden kann nur Gott vergeben (Lk 5,21).

Joh 21,15-17: „Als sie nun gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: ‚Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?’ Er antwortete ihm: ‚Ja, Herr, du weisst, dass ich dich liebe.’ Da sagte er zu ihm: ‚Weide meine Lämmer!’ Wiederum sagte er ein zweites Mal zu ihm: ‚Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?’ Er antwortete ihm: ‚Ja, Herr, du weisst, dass ich dich liebe.’ Er sagte zu ihm: ‚Weide meine Schafe!’ Zum dritten Mal fragte er ihn: ‚Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?’ Da wurde Petrus traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: ‚Liebst du mich?’. Und er antwortete ihm: ‚Herr, alles weisst du; du weisst es, dass ich dich liebe.’ Jesus sagte zu ihm: ‚Weide meine Schafe’“.

Es geht hier vor allem um die erneute Aufgabe an Petrus vom Herrn, nachdem jener ihn dreimal verleugnet hatte. Die Worte „weiden und „hüten“ beinhalten keine spezielle Vollmacht (vgl. Lk 15,15). Alle Hirten und Ältesten sind aufgerufen, die Herde zu hüten (Apg 20,28; 1.Petr 5,2). In 1.Petr 5 bezeichnet sich Petrus als „Mitältesten“, nicht als „Oberhirten“. Denn der „oberste Hirte“ ist Christus (1.Petr 5,4!). Auch will er nicht über die anderen herrschen (1.Petr 5,3). Es stimmt, dass Petrus oft der Sprecher der anderen Apostel war, aber es gibt keinen Hinweis in der Bibel, dass er dies tat, weil er der Oberste der Apostel gewesen wäre, sondern eher, weil es seinem Naturell (Mt 16,22-23), bzw. seinem Alter entsprach. In der Liste der Apostel wird er zuerst erwähnt (Mt 10,2-4; Mk 3,16-19; Lk 6,13-16; Apg 1,13), aber dies ist nicht immer der Fall (vgl. Gal 2,9).

4. Weitere Argumente der Bibel und der Kirchengeschichte gegen einen Papst

Wenn der Herr Jesus Christus in Mt 16 Petrus zum 1. Papst eingesetzt hätte, dann würde man doch erwarten, dass sowohl Petrus, als auch Paulus, als auch die übrigen Apostel etwas davon gewusst haben und dies in ihrer Haltung Petrus gegenüber zum Ausdruck gekommen wäre (indem sie z.B. die Autorität von Petrus akzeptiert hätten). Auch die Führer der ersten Christen hätten diese so wichtige Lehre verkündigt und gelehrt – wenn sie wahr gewesen wäre.

Aber statt der zu erwartenden deutlichen Lehren und Erwähnungen in den neutestamentlichen Schriften finden wir nichts davon.

Wenigstens Petrus selber müsste doch die Aussage des Herrn verstanden und sich als Papst betrachtet haben? Wenn Jesus Christus den Petrus als „1.°Papst“, bzw. als seinen Stellvertreter eingesetzt hätte, so hätte min­destens Petrus selber das wissen müssen. Was schreibt er in seinen Briefen darüber? Er sah sich ganz offensichtlich nicht als „Papst“. Keine einzige Stelle in seinen zwei Briefen deutet darauf hin, dass er die Worte, die Jesus an ihn richtete, auf eine römisch-katholische Weise verstanden hätte!

Auch Paulus, der in seinen Briefen die Gemeinden vieles lehrt, hat diese Lehre nirgendwo erwähnt.

In Gal 2,7-9 (gemäss dem Neuen Testament von Kürzinger geschrieben zwischen 54-57 n.Chr.) wird Petrus als eine der Säulen der Gemeinde in Jerusalem (nicht etwa in Rom!) beschrieben. Dort sagt Paulus, dass „Jakobus, Kefas (Petrus) und Johannes, die als Säulen in Ansehen stehen“ ihm und Barnabas „die Hand der Gemeinschaft“ gaben; sie beide sollten zu den Heiden gehen und Jakobus, Petrus und Johannes zu den Beschnittenen (Juden). Man beachte die Reihenfolge dieser Säulen: Jakobus, Petrus und Johannes.

Petrus war also mit dem Evangelium für die Beschnittenen (sprich: Juden) betraut, Paulus hingegen für die Heiden (alle Nichtjuden).

 „… ihr wisst, dass Gott lange vor diesen Tagen mitten unter uns die Heiden erwählt hat, dass sie durch meinen Mund das Wort des Evangeliums hören und zum Glauben kommen sollten“ (Apg 15,7). Wir lesen später, dass es Paulus war, der als „Apostel der Heiden“ (Röm 11,13) bezeichnet wurde. Der Aposteldienst des Petrus war „unter der Beschneidung“ (d.h. unter den Juden: Gal 2,8) wirksam.

Die Apostel sandten den Petrus, nicht umgekehrt (Apg 8,14).

Paulus war nicht von Petrus abhängig (Gal 1,17; Gal 2,6). Auch Johannes war unabhängig von Petrus (Joh 21,22).

Paulus wies Petrus sogar zurecht (Gal 2,11). Und dieser akzeptierte diese Zurechtweisung! Auch andere hielten ihm entgegen (Apg 11,2-3).

Für unsere Studie sind auch die Verse aufschlussreich, die auf die oben be­sprochene Begebenheit von Mt 16 folgen: „Er aber wandte sich um und sag­te zu Petrus: ‚Hinweg von mir, Satan; ein Ärgernis bist du mir; denn du denkst nicht das, was Gottes ist, sondern was der Menschen ist.’“ (Mt 16,23)

Beim Apostel- und Ältestenkonzil in Apg 15 hatte nicht Petrus den Vorsitz. Er traf auch nicht die Entscheidung. Nach „einem nicht geringen Streit“ sprachen Petrus (der auch selbst nur Delegierter war), dann Barnabas und Paulus und am Schluss Jakobus, der sich auf das Alte Testament berief. Der Beschluss wurde von den Aposteln, Ältesten und der ganzen Gemeinde gefällt (V. 22).

Wenn, dann hätte sich hier die exklusive Vollmacht des Petrus zeigen müssen!

An keiner Stelle im Neuen Testament finden wir, dass Petrus eine Vollmacht über die anderen Apostel ausübt.

Apg 15 ist die zeitlich letzte Erwähnung von Petrus im Neuen Testa­ment: Petrus in Jerusalem. Wie konnte er eine Säule der Gemeinde in Jerusalem sein, wenn er schon lange in Rom war?

Kurz vor dem Tode Jesu stritten sich die Apostel, wer von ihnen der Grösste sei. Wenn die Bibelstelle Mt 16 wirklich Petrus zum Oberhaupt gemacht hätte, wäre die Sache klar gewesen. Jesus hingegen sagte, dass niemand unter den Aposteln der Grösste sein soll (Mk 9,33-35 und Lk 22,24-27).

Christus sprach: „Ihr [Jünger] aber sollt euch nicht als Meister anreden lassen; denn einer ist euer Meister [nämlich Jesus Christus], ihr alle seid Brüder. Auch als Vater sollt ihr niemand von euch anreden auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel. Lasst euch auch nicht als Führer anreden; denn einer ist euer Führer, Christus“ (Mt 23,8-10).

Keiner der Apostel betrachtete Petrus als Papst. In keiner „Dienstliste“ im Neuen Testament wird der Dienst eines „Papstes“ erwähnt (1.Kor 12,28-30; Eph 4,11-16), wohl aber Lehrer und Evangelisten.

Petrus war auch verheiratet (Mt 8,14; 1.Kor 9,5).

Der Primat (Vorrangstellung) des Petrus ist ein im 1. Vatikanischen Konzil 1870 festgelegtes Dogma, wonach Petrus von Christus zum Fürsten aller Apostel eingesetzt worden sei (Der Glaube der Kirche, Nr. 438-440, S. 295). Sie ist eine Lehre, welche zusammen mit dem Unfehlbarkeitsdogma vom gleichen Konzil als eine für alle Katholiken verbindliche Glaubenslehre festgelegt wurde.

In Mt 20,24-27 antwortet Jesus aber nicht mit „Petrus“. Keiner sollte Autorität über die anderen haben. Auch in den Schriften des Petrus findet man keinen Hinweis hierzu. In Mt 19,28 spricht Jesus Christus von 12 Thronen, ohne Oberthron. Auch in Offb 21,14 werden die Throne der 12 Apostel des Lammes erwähnt, aber kein spezieller Thron für Petrus.

Vergeblich suchen wir in der Bibel nach einem Hinweis auf einen Nachfolger von Petrus oder darauf, dass die Aufgaben von Petrus an seine Nachfolger übergingen.

Wer ist der wahre Stellvertreter Christi?

Gemäss der Bibel ist der Heilige Geist der Vertreter Christi auf Erden (vgl. Johannesevangelium 14-16).

Um die Behauptung der römisch-katholischen Kirche über Petrus und das Papstamt nachzuweisen, müsste belegt werden:

a) dass Petrus überhaupt je in Rom war

b) dass Petrus in Rom Bischof war

c) Petrus einen Nachfolger hatte, der wiederum Papst von Rom war.

d) dass der „Bischof“ von Rom über den anderen „Bischöfen“ in Rom und in der ganzen Welt stand (dass er also den sogenannten päpstlichen Primat innehatte)

a) War Petrus überhaupt je in Rom?

Das Neue Testament berichtet nichts davon, dass Petrus in Rom war.

Als Paulus seinen Brief an die Römer schrieb – gemäss dem römisch-katholischen Neuen Testament von Josef Kürzinger – im Frühjahr 58, grüsst er fast 30 Gläubige, erwähnt aber Petrus mit keinem Wort. Ausserdem schliessen die Verse 20 und 23 aus Römer 15 aus, dass Petrus (oder ein anderer Apostel) vor dieser Zeit in Rom gearbeitet hat.

Auch die Apostelgeschichte endet ohne einen Hinweis auf Petrus in Rom. (Paulus war am Ende der Apostelgeschichte Gefangener in Rom. Gemäss dem Neuen Testament von Josef Kürzinger war seine Gefangen­schaft um 61-63 n. Chr. Die führenden Juden wollten von Paulus mehr über die „Sekte der Christen“ hören (Apg 28,17-24). Daraus kann gefolgert werden, dass sie bisher noch nicht viel über sie gehört haben, was erstaunen würde, wenn Petrus schon seit Jahren in Rom gewesen wäre).

Die römisch-katholische Kirche versucht die Erwähnung von „Babylon“ in 1.Petr 5,13 als Decknamen für Rom zu verstehen. Dieser Brief ist – ge­mäss dem Neuen Testament von Kürzinger – 64 n. Chr. entstanden (gemäss der Anmerkung in der Einheitsübersetzung „kurz vor dem Tod des Apostels (64 oder 67 n. Chr.) unter Kaiser Nero“).

Diese Deutung ist möglich. Schon Eusebius schreibt in seiner Kirchen­geschichte (und bezieht sich dabei eventuell auf Papias):

„... mit ihm stimmt Bischof Papias von Hierapolis überein. Petrus gedenkt des Markus in seinem ersten Briefe, den er in Rom selbst verfasst haben soll, was er selbst andeutet, indem er diese Stadt bildlich Babylon nennt, wenn er sagt: „Es grüsst Euch die miterlesene Gemeinde in Babylon und Markus, mein Sohn.“ (Kirchengeschichte, Eusebius, 2.Buch, 15.Kapitel, bkv.unifr.ch/de/works/147/versions/166/divisions/108231)

Der Gebrauch eines Decknamens in einem geschichtlichen Brief wäre aber einmalig. Belegt ist der Gebrauch des Namens „Babylon“ für Rom im Buch der Offenbarung (14,8; 16,19; 17,5; 18,2.10.21) und in der apokryphen Schrift Sibyllisches Orakel, 5. Buch, 143.159f.

Daneben könnte aber auch das bekannte „Babylon“ am Euphrat (wo es zahlreiche Juden gab) oder eine Stadt „Babylon“ in Ägypten gemeint sein. Andere Ausleger glauben, dass „Babylon“ ein ontologischer Ausdruck für die feindliche Umwelt sei, in der sich Petrus beim Schreiben seines Briefes befand.

Die römisch-katholische Kirche stützt sich auch auf eine Aussage von 354 n. Chr.: Im Liberianischen Katalog wird behauptet, dass Petrus während 25 Jahren Bischof von Rom gewesen sei:

„Im vierten Jahr der Herrschaft des Kaisers Claudius kam Petrus in Rom an. Er blieb dort fünfundzwanzig Jahre lang und setzte Linus und Kletus als Bischöfe und seine Helfer ein, den einen, wie Johannes Beleth sagt, ausserhalb, den anderen innerhalb der Stadt.“ (Jacobus de Voragine, Heiligenlegenden (Legenda Aurea) aus dem 13. Jahrhundert, Manesse Verlag, 1982/1994, S.197)

Starb Petrus in Rom?

Dass Petrus in Rom den Märtyrertod erlitten hat, davon berichten einige – spätere! – Schriften der „Kirchenväter“. Aber von einem „Bischof Petrus“ in Rom weiss die frühe Kirchengeschichte nichts.

Das älteste Zeugnis über den Tod von Petrus finden wir nicht in der Bibel (sie schweigt über den Tod von Petrus), sondern im 1.Brief des Clemens, Kapitel 5, Abschnitt 4):

„... Petrus, der wegen ungerechter Eifersucht nicht ein oder zwei, sondern vielerlei Mühseligkeiten erduldet hat und, nachdem er so sein Zeugnis (für Christus) abgelegt hatte, angelangt ist an dem ihm gebührenden Orte der Herrlichkeit.“ (bkv.unifr.ch/works/1/versions/1/divisions/93589)

Clemens erwähnt weder den Ort noch die Todesart des Petrus.

Eusebius, der christliche Kirchengeschichtler schrieb um das Jahr 300:

„Petrus hatte offenbar im Pontus, in Galatien, Bithynien, Kappadozien und Asien den Diasporajuden gepredigt; schliesslich kam er auch noch [!] nach Rom und wurde seinem Wunsche entsprechend mit dem Kopfe nach unten gekreuzigt. (3. Buch, 1.Kapitel; siehe: bkv.unifr.ch/de/works/147/ versions/166/divisions/108244; vgl. Joh 21,18f)

Fazit: Es scheint, dass Petrus gegen Ende seines Lebens nach Rom kam und dort den Märtyrertod erlitt.

Archäologie

Ein Petrusgrab ist weder unter dem St. Petersdom, noch sonstwo in Rom nachweisbar. Was gefunden wurde ist einzig ein Gedächtnismal für Petrus aus dem 2. Jahrhundert.

b) War Petrus überhaupt Bischof in Rom? Hat er die Kirche in Rom gegründet?

Weder im Neuen Testament noch in den Schriften der Führer der ersten Christen finden wir einen Hinweis, dass Petrus Bischof in Rom war.

In den frühen Listen der Bischöfe von Rom kommt Petrus nicht vor, ausserdem gibt es insgesamt 4 Listen, in denen sich die Namen und Reihenfolge der ersten Päpste voneinander unterscheiden.

„Es wurde in den grösseren Gemeinden Brauch, die Reihe der Bischöfe auf die zwölf Apostel zurückzuführen, um dadurch die Reinheit der Lehre und die Kraft des Amtes in der ununterbrochenen Sukzession (Nachfolge) festzustellen. Dies geschah nicht ohne Geschichtskorrektur, aber es gelang, und es wurde namentlich von Rom aus mit Erfolg vertreten. Führte man den römischen Bischof auf den „Apostelfürsten Petrus“ zurück (Anfang 3. Jh. wird er noch nicht als erster Bischof von Rom aufgeführt!), dann musste ihm der Primat zukommen, auch der Würde der Hauptstadt des Reiches entsprechend.“ (Kirche im Wandel der Zeit – Teil I: Von Paulus bis Luther, Theodor Brandt, R.Brockhaus Verlag, 1977, S.68)

Irenäus, Bischof von Lyon (178-200 n. Chr.) stellte eine Liste der 12 ersten Bischöfe von Rom zusammen. Darin wird Linus als 1. Bischof erwähnt, von Petrus und Paulus eingesetzt.

„Weil es aber zu weitläufig wäre, in einem Werke wie dem vorliegenden die apostolische Nachfolge aller Kirchen aufzuzählen, so werden wir nur die apostolische Tradition und Glaubenspredigt der grössten und ältesten und allbekannten Kirche, die von den beiden ruhmreichen Aposteln Petrus und Paulus zu Rom gegründet und gebaut ist, darlegen, wie sie durch die Nachfolge ihrer Bischöfe bis auf unsere Tage gekommen ist. So widerlegen wir alle, die wie auch immer aus Eigenliebe oder Ruhmsucht oder Blindheit oder Missverstand Konventikel gründen. Mit der römischen Kirche nämlich muss wegen ihres besonderen Vorranges jede Kirche übereinstimmen, d. h. die Gläubigen von allerwärts, denn in ihr ist immer die apostolische Tradition bewahrt von denen, die von allen Seiten kommen.
          Nachdem also die seligen Apostel die Kirche gegründet und eingerichtet hatten, übertrugen sie dem Linus den Episkopat zur Verwaltung der Kirche. Diesen Linus erwähnt Paulus in seinem Briefe an Timotheus. Auf ihn folgt Anacletus. Nach ihm erhält an dritter Stelle den Episkopat Klemens, der die Apostel noch sah und mit ihnen verkehrte. Er vernahm also noch mit eignen Ohren ihre Predigt und Lehre, wie überhaupt damals noch viele lebten, die von den Aposteln unterrichtet waren. Als unter seiner Regierung ein nicht unbedeutender Zwist unter den Brüdern in Korinth ausbrach, da sandte die römische Kirche ein ganz nachdrückliches Schreiben an die Korinther, riet ihnen eindringlich zum Frieden und frischte ihren Glauben auf und verkündete die Tradition, die sie unlängst von den Aposteln empfangen hatte. ...   
          Auf genannten Klemens folgte Evaristus, auf Evaristus Alexander, als sechster von den Aposteln wurde Sixtus aufgestellt, nach diesem kam Telesphoros, der glorreiche Märtyrer, dann Hyginus, dann Pius, dann Anicetus. Nachdem dann auf Anicetus Soter gefolgt war, hat jetzt als zwölfter von den Aposteln Eleutherius den Episkopat inne. In dieser Ordnung und Reihenfolge ist die kirchliche apostolische Überlieferung auf uns gekommen, und vollkommen schlüssig ist der Beweis, dass es derselbe Leben spendende Glaube sei, den die Kirche von den Aposteln empfangen, bis jetzt bewahrt und in Wahrheit uns überliefert hat.“ (Irenäus, Gegen die Häresien, 3.Buch, 3.Kapitel, Abschnitt 2+3)

Allerdings wurden die Gemeinden durch die Evangeliumsverkündigung, nicht durch persönliche Anwesenheit gegründet und gebaut (Apg 2,10!).

Dass Paulus die Gemeinde in Rom sicher nicht durch persönliche Anwesen­heit „gegründet“ hat, erfahren wir von seinem Brief an die Römer. Er war bis mindestens zur Abfassung des Briefes an die Römer (ca. 58 n. Chr.) nicht in Rom gewesen. So schreibt er in Röm 1,10.13.15; 15,23f.32, dass er willig ist auch denen in Rom das Evangelium zu verkünden:

„... und allzeit bei meinen Gebeten darum flehe, es möchte mir nach Gottes Willen doch endlich einmal ein Weg sich auftun, zu euch zu kommen. ... wie oft schon ich mir vornahm, zu euch zu kommen, und wie ich daran gehindert wurde bis zur Stunde; möchte ich doch auch bei euch einige Frucht gewinnen wie bei den übrigen Völkern. ... so drängt es in mir, auch euch in Rom das Evangelium zu verkünden. ... und schon seit vielen Jahren Verlangen trage, zu euch zu kommen, falls ich nach Spanien reisen würde, hoffe ich, euch auf der Durchreise zu sehen und von euch dorthin geleitet zu werden, nachdem ich zuvor etwas mein Verlangen nach euch gestillt habe. Dann werde ich voll Freude zu euch kommen ...“

Hier bestand noch die biblische Linie, dass die Apostel in den verschie­denen Gemeinden Älteste (Bischöfe) eingesetzt haben. Auch wenn hier schon nicht mehr von einer Mehrzahl von Bischöfen die Rede ist.

Welches ist die richtige Reihenfolge der ersten Bischöfe von Rom?

Es gibt nicht nur eine grosse Unsicherheit über die Amtsdauer der ersten 10 Päpste (vgl. S.41), sondern auch um ihre richtige Reihenfolge. Dies stützt die Behauptung, dass die Abfolge erst nachträglich rekonstruiert wurde.

In seiner Kirchengeschichte nennt Eusebius den Petrus nicht einmal als den „Bischof von Rom“.

„Nach dem Martertod des Paulus und Petrus erhielt zuerst Linus den bischöflichen Stuhl der römischen Kirche.“ In einer Fussnote zu dieser Stelle schreibt die Universität Freiburg: „Linus, nicht Petrus, wird von Eusebius und ebenso von anderen alten Schriftstellern als erster Bischof von Rom gezählt.“ (3.Buch, 2.Kapitel; siehe: bkv.unifr.ch/de/works/147/ versions/166/divisions/108245)

Die „Apostolischen Konstitutionen“ (eine Ende 4. Jahrhundert entstandene Sammlung von Schriften, die angeblich von den Aposteln selbst verfasst wurden) sehen Linus als den ersten Bischof, eingesetzt von Paulus; als zweiter Bischof wird Clemens genannt, er sei von Petrus eingesetzt worden:

„Wir geben euch aber die Bischöfe bekannt, welche wir Apostel bei Lebzeiten ordiniert haben. Diese sind: Zu Jerusalem: Jakobus, der Bruder des Herrn, nach seinem Tode war der zweite Simon, der Sohn des Kleopas, nach diesem der dritte Judas, der Sohn des Jakobus: zu Cäsarea aber in Palästina zuerst Zachäus, vorher ein Zöllner, nach ihm Kornelius und als dritter Theophilus: zu Antiochia aber Evodius von mir (Petrus) geweiht, Ignatius aber von Paulus; in der Stadt Alexandria wurde zuerst Annianus von dem Evangelisten Markus geweiht, als zweiter Avilius von Lukas, dem Evangelisten; an der römischen Kirche ward zuerst geweiht Linus, der Sohn der Claudia, von Paulus, als zweiter aber Clemens von mir, Petrus, nach dem Tode des Linus.“ (Apostolische Konstitution, 7. Buch, 46. Ab­schnitt; zitiert in: bkv.unifr.ch/de/files/256/related_files/Apostolische%20­Konstitutionen%20und%20Kanones%20(BKV)_deutsch_256.pdf)

„Legenden wollen die Gründung von bedeutenden Kirchen auf die Apostel zurückführen.“ (Kirche im Wandel der Zeit – Teil I: Von Paulus bis Luther, Theodor Brandt, R.Brockhaus Verlag, 1977, S.50)

„Denn das ist die Weise, wie die apostolischen Kirchen ihren Ursprung nachweisen; wie z. B. die Kirche von Smyrna berichtet, dass ihr Polykarp von Johannes aufgestellt, die römische ebenso, dass ihr Clemens von Petrus ordiniert worden sei.“ (Tertullian, Die Prozesseinreden gegen die Häretiker, 32.Kapitel, abrufbar unter        bkv.unifr.ch/de/works/76/versions/89/divisions/46729)

Hat Petrus die Kirche in Rom gegründet?

„Zur Rolle der Apostel [dies schliesst Petrus mit ein] in der entstehenden christlichen Kirche wissen wir nichts.“ (Die Päpste, S.5)

Die Bibel spricht nicht davon, dass Kirchen gegründet werden. Auch nicht von Petrus oder Paulus. Wenn Menschen zum Glauben kommen, dann ist Kirche (= Gläubige) vorhanden.

Der erste, der eine Anwesenheit von Petrus in Rom erwähnt, war Dionysius von Korinth (ca. 170 n. Chr.):

„Durch eure grosse Sorgfalt habt ihr die von Petrus und Paulus in Rom und Korinth angelegte Pflanzung miteinander verbunden. Denn beide haben in unserer Stadt Korinth die Pflanzung begonnen und uns in gleicher Weise in Italien gelehrt und zu gleicher Zeit den Martertod erlitten. (zitiert in Eusebius, Kirchengeschichte, 2.Buch, 25. Kapitel; herunterladbar unter bkv.unifr.ch/works/147/versions/166/divisions/108241)

Dass Paulus mit Sicherheit die Kirche von Rom nicht durch persönliche Anwesenheit „angelegt“ hat, sahen wir schon oben (S. 27).

Einschub: Apostel, Priester und Bischöfe gemäss der Bibel

In diesem Abschnitt wollen wir betrachten, was die Bibel über Apostel, Priester und Bischöfe/Älteste sagt. Dass die Bibel über einen „Papst“ nichts sagt, haben wir schon oben bemerkt.

Apostel

Die Bibel unterscheidet 2 Arten von Aposteln (Gesandte). Einerseits die Apostel von Jesus Christus (die spezielle Wunder und Zeichen tun konnten; vgl. 2.Kor 12,12), andererseits Apostel/Gesandte von einzelnen Gemeinden. Die erste Gruppe war gerade nicht an einen bestimmten Ort (z.B. Rom) gebunden. Darum zeugt auch ein Ausdruck wie „Stuhl Petri“ nicht gerade von guter Bibelkenntnis. Die ersteren mussten mit Jesus Christus gelebt haben und Augenzeugen seiner Auferstehung gewesen sein (Apg 1). Sie bildeten durch ihr Werk und ihre Schriften – zusammen mit den Propheten – die Grundlage der Kirche (Eph 2,20). In verschiedenen Städten haben sie Bischöfe (Älteste) eingesetzt – nicht als Nachfolger der Apostel, sondern als Älteste einer örtlichen Schar von Gläubigen. Paulus war der letzte aller Apostel Jesu Christi (1.Kor 15). Nach dem Tod der Apostel gab es keine neuen Apostel oder Nachfolger der Apostel. Auch die Bischöfe (Ältesten) waren keine Nachfolger der Apostel, wenn man darunter versteht, dass sie die gleiche Macht und Autorität besessen hätten.

Vittorio Mesori unterliegt demselben Irrtum wie die römisch-katholische Kirche, wenn er im Vorwort zum Buch Die Schwelle der Hoffnung über­schreiten von Johannes Paul II. über Lukas 22,32 („Stärke deine Brüder“) schreibt:

„Das ist der Dienst, den auch dieser Nachfolger Petri leistet, der nach nahezu zwanzig Jahrhunderten immer noch zu denen zählt, die ‚Zeugen der Auferstehung’ sind und wissen, dass ‚Jesus aufgenommen wurde in den Himmel’ (vgl. Apg 1,22). (S.28)

Ein Apostel, der ein Augenzeuge der Auferstehung Jesu Christi war, ist nicht dasselbe, wie einer der heute die Auferstehung des Herrn bezeugt.

Ignatius schreibt:

Nicht wie Petrus und Paulus befehle ich euch. Jene waren Apostel, ich bin ein Verurteilter; jene waren frei, ich bin bis zur Stunde ein Sklave. Aber wenn ich gelitten habe, werde ich Freigelassener Jesu Christi sein und werde in ihm auferstehen, ein Freier. Jetzt lerne ich, in den Fesseln wunschlos zu sein.“ (Brief des Ignatius an die Römer, 4. Kapitel; einsehbar unter: bkv.unifr.ch/works/105/versions/121/divisions/49157)

Priester

Der biblische Begriff eines (neutestamentlichen) Priesters unterscheidet sich stark von dem röm.-kath. Gebrauch des Wortes. Dies gibt auch Josef Kürzinger in einer Fussnote zu seinem Neuen Testament zu. Er schreibt: „...°doch deckt sich der neutestamentliche Ausdruck [für Priester] nicht durchweg mit dem heutigen Sinn dieses Wortes.“ (S.324)

Im Neuen Testament wird neben dem alttestamentlichen Priestertum der Juden nur von einem allgemeinen Priestertum aller Gläubigen geredet, die Gott geistliche Opfer des Lobens und Dankens darbringen (Ps 141,2; Röm 12,1; Hebr 13,15-16; Offb 5,8; 8,3). Ein anderes Priestertum kennt das Neue Testament nicht! (Off 1,5-6; 5,9-10; 20,6)

Auch Petrus kannte nur dieses allgemeine Priestertum: „... zu einem geistlichen Haus, zu einer heiligen Priesterschaft, um geistige [sic!] Opfer darzubringen, wohlgefällig vor Gott, durch Jesus Christus. ... ihr aber seid ‚ein auserwähltes Geschlecht‘, ‚eine königliche Priesterschaft, ein ge­heiligtes Volk‘, ‚ein Volk, das dazu erworben wurde, damit ihr die Ruhmes­taten dessen verkündet‘, der euch aus der Finsternis berufen hat in sein wunderbares Licht“ (1.Petr 2,5.9).

Diese Ansicht wurde auch von den Führern der ersten Christen vertreten:

Sind wir Laien denn nicht auch Priester! Es steht geschrieben: „Auch uns hat er zu einem Reiche und zu Priestern für Gott und seinen Vater gemacht“ (Tertullian, Über die Aufforderung zur Keuschheit, 7.Kapitel; im Internet abrufbar unter: bkv.unifr.ch/works/31/versions/43/divisions)

Das griech. Wort für Priester (hiereus) wird im Neuen Testament nie für ein spezielles (neutestamentliches) Amt verwendet. Es ist schlicht irreführend, wenn z.B. im röm.-kath. Das Neue Testament, Rösch/Bott (Imprimatur 1967) das Wort „Älteste“ in 1.Tim 5,17 und Jak 5,14 mit „Priester“ wiedergegeben wird (siehe unten bei „Bischof“).

Während in den Gemeinden des neuen Testaments alle (!) Gläubigen Priester waren (im Gegensatz zum Alten Testament), entwickelte sich in den folgenden Jahrhunderten ein spezielles Priestertum einiger weniger.

Die römisch-katholische Kirche lehrt:

„Damit setzt er [Jesus Christus] seine Apostel zu Priestern des Neuen Bundes ein.“ (Katechismus der Katholischen Kirche, §611)

Die Apostel waren aber nicht die ersten neutestamentlichen Priester. Die Bezeichnung der Apostel als (spezielle) Priester ist dem Neuen Testament fremd. Nie bezeichnet es die Apostel als „Priester“ und die Apostel haben nie andere zu Priestern geweiht.

Ebenfalls ist eine Unterscheidung zwischen Kleriker und Laien der Bibel fremd.

Also auch aus diesem Grund ist eine römisch-katholische „apostolische Sukzession“ eine Illusion. Hingegen gibt es eine biblische „apostolische Sukzession“:

„Und sie blieben beständig in der Lehre der Apostel...“ (Apg 2,42).

Bischof

Der biblische Begriff eines „Bischofs“ unterscheidet sich ebenfalls stark vom röm.-kath. Gebrauch des Begriffes „Bischof“.

Die Bibel verwendet zwei verschiedene Bezeichnungen für die Vorsteher einer örtlichen Schar von Gläubigen: Aufseher (griech. episkopos; davon kommt das Wort „Bischof“) und Ältester (griech. presbyter; davon wurde das Wort „Priester“ abgeleitet).

Diese zwei Begriffe beschrieben dieselben geistlichen Männer. Auch Joseph Kürzinger schreibt in seiner Anmerkung zu 1.Tim 3,1-16 in Das Neue Testament: „ohne dass deutlich zwischen ‚Bischof’ und ‚Presbyter’ unterschieden ist; vgl. den wechselnden Gebrauch Apg 20,17 und 20,28“ (S.289). (Vgl. zudem Titus 1, Vers 5 mit Vers 7). In Wirklichkeit gibt es auch keinen „undeutlichen“ Unterschied. In einer örtlichen Gemeinde waren mehrere Aufseher („Bischöfe“) / Älteste verantwortlich (vgl. Phil 1,1). Petrus selber beschreibt die Tätigkeit eines Presbyters (Ältesten) als jemand, der die Herde Gottes weidet (d.h. ein „Bischof“) (1.Petr 5,1-2).

Während in der Zeit des Neuen Testaments mehrere Personen den Ältestendienst ausübten (siehe Apg 20,17: Mehrzahl), entwickelte sich im 2. Jahrhundert immer mehr, – auch mit dem Zweck der Abwehr gegen die immer stärker werdende Bewegung der Gnosis – dass ein Bischof die Leitung hatte (siehe auch die Briefe des Ignatius).

Diese Entwicklung wurde dann von Irenäus und Tertullian fortgeführt:

„Wenn dagegen einige Häresien die Kühnheit haben, sich in das apostolische Zeitalter einzudrängen und deswegen von den Aposteln überliefert erscheinen wollen, weil sie zur Zeit der Apostel existierten, so können wir erwidern: Gebt also die Ursprünge eurer Kirchen an, entrollt eine Reihenfolge eurer Bischöfe, die sich von Anfang an durch Abfolge so fortsetzt, dass der erste Bischof einen aus den Aposteln oder den apostolischen Männern, jedoch einen solchen, der bei den Aposteln ausharrte, zum Gewährsmann und Vorgänger hat. Denn das ist die Weise, wie die apostolischen Kirchen ihren Ursprung nachweisen“ (Tertullian, Die Prozesseinreden gegen die Häretiker, 32.Kapitel; bkv.unifr.ch/de/works/cpl-5/versions/die-prozesseinreden-gegen-die-haretiker-bkv/divisions/33)

Dies wird auch von römisch-katholischer Seite bestätigt: „... als sich in Rom das monarchische Bischofsamt durchsetzte, die Regierung der christ-lichen Gemeinschaften durch einen einzigen Bischof.“ (Die Päpste, S.5)

Es hat „sich durchgesetzt“, was soviel heisst wie: Es war nicht von Anfang an so.

Mit der Zeit wurden aus den 2 Namen der gleichen Personengruppe („Älteste“ und „Aufseher“) 2 verschiedene Ämter. Aus den Aufsehern wurden Bischöfe, aus den Ältesten wurden Priester. Daraus wurde dann ein Bischof, dem die Priester und Diakone untergeordnet waren. Daneben gab es nun noch weitere, nicht in der Bibel erwähnte Ämter.

Mit der Zeit wurden dann die Bischöfe der grösseren und bedeutenderen Städte wie Ephesus, Jerusalem, Antiochien und Rom immer mächtiger. Aus mehreren Bischöfen eines Ortes wurde also mit der Zeit ein Bischof über mehrere Orte und schlussendlich mit dem Bischof von Rom einer über die ganze Welt.

Der Bischof musste Mann einer Frau sein

Gemäss 1.Tim 3,2.12 und Titus 1,5-9 musste ein Bischof Mann einer Frau sein. Es ist zwar richtig, dass „Mann einer Frau“ im Gegensatz zu „Mann mehrerer Frauen“ steht, aber trotzdem musste er verheiratet sein, wie sonst konnte er dann Kinder haben...

Die Bischöfe mussten in ihrem Charakter, in ihrer Geistlichkeit strengen Anforderungen entsprechen. Diese werden im Neuen Testament in 1.Tim 3 und Titus 1 beschrieben. Gemäss den Anforderungen Gottes war es also ganz unmöglich, dass einige der Päpste überhaupt Bischöfe sein konnten, wie wir im Kapitel: „Eine kurze Geschichte des Papsttums“ sehen werden. Auch aus diesem Blickwinkel hält die Lehre einer apostolischen Sukzession nicht stand.

c) Hatte Petrus überhaupt einen Nachfolger?

Die Apostel hatten keine Nachfolger. Sie waren die Grundlage der Kirche (Eph 2,20). Alleine der abgewichene Judas Ischariot wurde durch einen anderen Apostel Jesu Christi mit Namen Matthias ersetzt (siehe Apostel­geschichte 1). Auch von einem Nachfolger für den getöteten Apostel Jakobus (Apg 12,2) lesen wir in der Bibel nichts.

Keiner der führenden Männer der Kirchengeschichte sprach von einer Übertragung der Macht von Petrus auf irgendwelche Nachfolger. Auch gibt es kein Dokument, aus dem sich entnehmen lässt, dass Petrus einen Nachfolger bestimmt habe.

Im Gegenteil. Hier nochmals der Auszug aus der Schrift von Tertullian gegen einen „apostolischen Herrn“ (Papst Calixtus I?)

„Doch nun stelle ich eine Untersuchung über deine Ansicht an, woher du dieses Recht für die Kirche in Anspruch nimmst. Wenn du deshalb, weil der Herr zu Petrus gesagt hat: „Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, dir habe ich die Schlüssel des Himmelreiches gegeben”, oder: „Was du binden und lösen wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gebunden und gelöst sein”, wenn du also deshalb annimmst, die Binde- und Lösegewalt sei auch auf dich, d. h. auf jede Kirche, die mit Petrus (oder: mit der Kirche Petri) verwandt ist, übergegangen: wie kannst du dich erdreisten, die offenkundige Absicht des Herrn, der dieses dem Petrus nur persönlich überträgt, umzustossen und zu verdrehen! Auf dich, heisst es, will ich meine Kirche bauen und dir will ich die Schlüssel geben, nicht der Kirche, und was du binden und lösen wirst, nicht was sie lösen und binden werden.“ (De pudicitia – Über die Ehrbarkeit, 21.Kapitel, bkv.unifr.ch/works/77/versions/90/divisions/46763).

d) Gab es überhaupt ein Primat von Petrus / des Bischofs von Rom?

Petrus hatte tatsächlich eine führende Stellung unter den Aposteln. Er war einer der wichtigsten Apostel. Nirgendwo in der Bibel wird er jedoch Oberhaupt oder Apostelfürst genannt. Und erst recht steht nichts von einer Übertragung dieser Aufgabe an einen „Bischof von Rom“ (und allfälligen Nachfolgern). Das Neue Testament spricht an keiner Stelle von einer zentralen Verwaltung in Rom.

Rom versuchte jedoch schon früh die anderen Gemeinden zu befehligen, stiess aber auf Widerstand.

So exkommunizierte der römische Bischof Victor (189-198) die Klein­asiaten, da sie seine Osterberechnung nicht übernehmen wollten.

Irenäus kommentiert und zeigt die Reaktion der anderen Bischöfe:

„Daraufhin versuchte Viktor, der Bischof der römischen Kirche, die Gemeinden von ganz Asien sowie die angrenzenden Kirchen insgesamt als ketzerisch von der Gemeinschaft und Einheit auszuschliessen, und rügte sie öffentlich in einem Schreiben, worin er alle dortigen Brüder als ausserhalb der Kirchengemeinschaft stehend erklärte. Doch nicht allen Bischöfen gefiel dies Vorgehen Viktors. Sie stellten an ihn geradezu die Gegenforderung, für Friede, Einigung und Liebe einzutreten. Noch sind ihre Briefe erhalten, in denen sie Viktor ziemlich scharf angreifen. Unter anderen richtete auch Irenäus im Namen der ihm untergebenen gallischen Brüder ein Schreiben an ihn. Darin tritt er zwar dafür ein, dass man nur am Sonntage das Geheimnis der Auferstehung des Herrn feiern dürfe, aber er mahnt auch Viktor würdig und eindringlich, er solle nicht ganze Kirchen Gottes, die an alten, überlieferten Bräuchen festhalten, ausschliessen.“ (vgl. Kirchengeschichte von Eusebius, 5.Buch, 24.Kapitel; bkv.unifr.ch/de/works/147/versions/166/divisions/108339)

Unter anderen wehrte sich Cyprian (und mit ihm 86 andere Bischöfe aus Nordafrika in der 7. Versammlung von Karthago 258 n. Chr.) gegen die An­massungen des Bischofs von Rom („Papst Stephanus I.“). Hier die Einleitungsworte von Cyprian. Man beachte auch seine Haltung gegen Andersdenkende:

„Es erübrigt nur noch, dass ein jeder einzelne von uns über eben diese Frage seine Ansicht vortrage, ohne dass wir über jemand richten oder ihn von dem Rechte der Gemeinschaft ausschliessen wollten, wenn er eine entgegengesetzte Ansicht hat. Denn unter uns ist keiner, der sich als Bischof der Bischöfe aufstellt oder seine Amtsgenossen durch tyranni­schen Schrecken zu unbedingtem Gehorsam zwingt, da ja jeder Bischof kraft der Selbständigkeit seiner Freiheit und Macht seine eigene Meinung hat und ebensowenig, wie er selbst einen anderen zu richten vermag, von einem anderen gerichtet werden kann. Wollen wir alle vielmehr den Richterspruch unseres Herrn Jesu Christi abwarten, der einzig und allein die Macht hat, uns in der Leitung seiner Kirche an die Spitze zu stellen und über unser Tun zu richten!“ (Cyprian, Die Äusserungen der 87 Bischöfe über die Notwendigkeit der Ketzertaufe; Einleitung, abrufbar unter: bkv.unifr.ch/works/98/versions/111/divisions/34729).

Cyprian betrachtete alle Bischöfe aller Orte als gleichberechtigt. Die „Macht“ lag in der geistlichen Einheit der Bischöfe (ohne einen obersten menschlichen Bischof).

„Denn auch Petrus, den der Herr als ersten auserkor und auf den er seine Kirche baute, hat keinen übermütigen Anspruch erhoben oder stolze Anmassung gezeigt, als nachmals Paulus mit ihm über die Frage der Beschneidung rechtete [Gal 2]. Er hat nicht gesagt, er habe den Vorrang (Primat) und die Neulinge und Späteren müssten ihm gehorchen; auch schätzte er den Paulus keineswegs als früheren Verfolger der Kirche gering, sondern er beherzigte seinen vernünftigen Rat und stimmte mit Freuden der richtigen Auffassung bei, die Paulus vertrat.“ (Cyprian, Brief an Quintus, Brief Nr.71, 3.Kapitel; im Internet einsehbar unter:     bkv.unifr.ch/de/works/513/versions/813/divisions/168578)

Firmilian, der Bischof von Cäsarea in Kappadozien, schrieb einen Brief an Cyprian, den Bischof von Karthago, in dem er sich ebenfalls gegen Stephanus, den Bischof von Rom wandte (gemäss röm.-kath. Lehre Papst Stefanus I):

„Nur dafür können wir Stephanus dankbar sein, dass sein schroffes  Verhalten uns jetzt die Möglichkeit bot, euren Glauben und eure Weisheit kennenzulernen. Aber freilich, wenn wir dem Stephanus diese gute Wirkung zu verdanken haben, so hat deswegen Stephanus noch lange nichts Anerkennens- und Dankenswertes getan. Denn man kann auch nicht sagen, dass Judas durch seine verräterische Treulosigkeit, mit der er das Verbrechen an dem Erlöser beging, sich ein Verdienst erworben habe, gerade als ob er so viel Gutes veranlasst hätte und als ob mit seiner Hilfe die Welt und das Volk der Heiden durch das Leiden des Herrn erlöst worden wäre.      
          Doch das Verhalten des Stephanus wollen wir einstweilen übergehen, um nicht durch die Erinnerung an seine Dreistigkeit und Anmassung unseren Kummer über seine Missetaten noch zu verlängern. ...      
Dass man aber in Rom nicht in allen Punkten die ursprüngliche Überlieferung beobachtet und sich vergeblich auf das Zeugnis der Apostel beruft, kann man auch daraus erkennen, dass man in der Feier des Osterfestes und in vielen anderen Geheimnissen des Gottesdienstes bei ihnen gewisse Abweichungen bemerkt und dass man nicht alles, was in Jerusalem beobachtet wird, auch dort in gleicher Weise hält. So wird ja auch in den meisten anderen Provinzen gar manches je nach der verschiedenen Gegend und Bevölkerung anders gemacht, aber dennoch hat man sich deswegen von dem Frieden und der Einheit der katholischen Kirche noch niemals getrennt. Das hat aber Stephanus jetzt zu tun gewagt, indem er den Frieden mit euch brach, den seine Vorgänger stets in wechselseitiger Ehrerbietung und Liebe zu euch bewahrt haben, und auch noch die seligen Apostel Petrus und Paulus in den Verdacht brachte, als ob auch sie dies überliefert hätten, die doch die Ketzer verflucht und uns gemahnt haben, sie zu meiden (Briefe, Cyprian von Karthogo, Brief 75, (bzw. 74 je nach Zählung), Ausschnitte aus Kapitel 2, 3 und 6: siehe bkv.unifr.ch/de/works/513/versions/813/divisions/168626)

„Der Grossteil der Bischöfe Nordafrikas, Kleinasiens und Syriens unterstützten die Haltung des Bischofs von Karthago, des hl. Zyprianus...“ (Die Päpste, S.12)

Ein anderes Beispiel führt das Buch Die Päpste an:

„Das Konzil von Chalzedon [451 n. Chr.] unterstützte jedoch die päpst­lichen Forderungen bezüglich der östlichen Diözesen nicht, sondern unterstrich ganz im Gegenteil, die Wichtigkeit und die Privilegien des Stuhles von Konstantinopel, das genau wie Rom eine Kaiserstadt war. Der Papst akzeptierte die Entscheidung nicht...“ (S.23)

„Die Väter haben mit Recht dem Sitz des älteren Roms Vorrechte zuerkannt, da dieser eine kaiserliche Stadt ist; und von derselben Absicht bewegt, haben die 150 frommsten Bischöfe dem heiligsten Stuhl des neuen Rom die gleichen Vorrechte zuerkannt, da sie vernünftig urteilten, dass die Stadt, die von der kaiserlichen Macht und dem Senat geehrt wird und die Privilegien geniesst, die dem älteren kaiserlichen Rom gleichkommen, auch in kirchlichen Angelegenheiten auf ihr Niveau gehoben werden und den zweiten Platz nach ihr einnehmen soll. Die Metropoliten der Diözesen von Pontus, Asien und Thrakien, aber nur diese, sowie die Bischöfe der Diözesen, die unter den Nichtgriechen wirken, sollen von dem genannten heiligsten Stuhl der heiligsten Kirche in Konstantinopel geweiht werden. Das heisst, jeder Metropolit der genannten Diözesen weiht zusammen mit den Bischöfen der Provinz die Bischöfe der Provinz, wie es in den heiligen Kanones erklärt worden ist; die Metropoliten der dieser Diözesen aber sollen, wie gesagt worden ist, vom Erzbischof von Konstantinopel geweiht werden, sobald auf die übliche Weise durch Abstimmung eine Einigung zustande gekommen und ihm mitgeteilt worden ist. (Konzil von Chalzedon, Kanon Nr. 28; www.papalencyclicals.net/councils/ecum04.htm, übersetzt mit Hilfe von www.DeepL.com/Translator)

Bernard Prunneaux schreibt dazu:

„Vor allem geht aus diesem Text hervor, dass die Privilegien der Bischöfe von Rom und Konstantinopel mit der politischen Bedeutung dieser beiden Städte verknüpft sind. Sie waren die Hauptstädte des westlichen bzw. östlichen Teils des Reiches. Ebenso wenig wie die vorangegangenen Konzilien weist dieses Konzil auf eine „apostolische Sukzession“ hin, die in Rom seit dem Apostel Petrus fortgesetzt worden sei. Und wir befinden uns im fünften Jahrhundert! (N’appelez personne sur la terre votre père, S.7).

Gregor der Grosse (Papst 590-604 n. Chr.)

Selbst Papst Gregor der Grosse, der die Worte des Felsens auf Petrus anwendet und von ihm als dem Apostelfürsten und „Obersten unter den Aposteln“ sprach, wendet sich gegen den Titel eines universellen, allgemeinen oder ökumenischen Bischofs:

„Wer immer das Evangelium kennt, dem ist es klar, dass durch das Wort des Herrn dem heiligen Apostel Petrus, dem Fürsten aller Apostel, die Sorge für die ganze Kirche übertragen worden sei. Ihm wird ja gesagt: ‚Petrus, liebst Du mich? Weide meine Schafe!’ Ihm wird gesagt: ‚Siehe, der Satan hat sich ausgebeten, euch wie den Weizen zu sieben; ich aber habe für Dich, Petrus, gebetet, auf dass Dein Glaube nicht abnehme. Du aber, wenn Du Dich bekehrt haben wirst, so stärke Deine Brüder.’ Ihm wird gesagt: ‚Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Und Dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben; was immer Du binden wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gebunden sein; und was immer Du lösen wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gelöset sein.’         
          Siehe, er empfängt die Schlüssel des Himmelreiches, es wird die Binde- und Lösegewalt ihm übertragen, die Sorge für die ganze Kirche und das Vorsteheramt über sie wird ihm anvertraut, und doch nennt man ihn keinen allgemeinen Apostel. Der sehr heilige Mann, mein Mitbischof Johannes aber will allgemeiner Bischof genannt sein. Ich bin gezwungen, auszurufen und zu sprechen: O Zeiten, o Sitten!    
         
Siehe Alles in Europa ist der Willkür der Barbaren anheimgegeben, Städte sind zerstört, feste Plätze geschleift, Provinzen entvölkert, kein Bebauer wohnt mehr im Lande; täglich und nicht vergebens lechzen die Götzendiener nach dem Blute der Gläubigen, – und dennoch suchen sich die Priester, die mit Thränen in der Asche auf dem Boden liegen sollten, eitle Titel aus und rühmen sich neuer und ungeistlicher Benennungen. ...
         
Wer ist es, der gegen das Gebot des Evangeliums, gegen die Vor­schriften der Kirchengesetze einen neuen Namen sich beizulegen wagt? Möchte es doch wenigstens ohne Herabsetzung der Übrigen geschehen können, wenn er allein allgemeiner Bischof genannt sein will! ...      
          Wenn sich also in dieser Kirche Jemand jenen Titel aneignet und sich dadurch zum Haupte aller Guten macht, so ist die ganze Kirche, was undenkbar, aus den Fugen gekommen, wenn der sogenannte allgemeine Bischof fällt. Aber ferne sei von allen christlichen Herzen jener Lästername, durch den allen Bischöfen ihre Würde genommen wird, während sie Einer allein in widersinniger Weise sich anmasst.           Bekanntlich hat das ehrwürdige Concilium von Chalcedon aus Ehrfurcht für den hl. Apostelfürsten Petrus diesen Titel dem römischen Papste angeboten. Aber keiner von ihnen hat sich je herbeigelassen, diesen ausschliessenden Titel zu gebrauchen, damit nicht allen Bischöfen die ihnen gebührende Ehre entzogen werde, während Einem etwas Besonderes verliehen wird. Wie kommt es doch, dass Wir die Ehre dieses Titels nicht suchen, obgleich sie Uns angeboten wurde, und ein Anderer sie sich beilegt und anmasst, obgleich sie ihm nicht angeboten worden ist?
Jener also muss vielmehr durch die Befehle der allerfrömmsten Kaiser gedemüthigt werden, der den Kirchengesetzen den Gehorsam verweigert. Jener muss in Schranken gehalten werden, der der ganzen heiligen Kirche eine Unbill zufügt, der anmassenden Herzens ist, der sich an einem ihm ganz allein zukommenden Titel erfreuen will, der sich auch durch seinen ganz besonderen Namen über Eure Kaiserwürde erhebt.“ (Brief an den Kaiser Mauritius, ca. 594/595;           bkv.unifr.ch/de/works/265/versions/286/divisions/99367)

„Mein erwähnter Bruder und Mitbischof handelt eben in dieser Sache gegen den Geist des Evangeliums, gegen den hl. Apostel Petrus, gegen alle Kirchen und gegen die Vorschriften der Kirchengesetze.“ (Gregor der Grosse, Brief an die Kaiserin Constantina, 5.Buch, VIII. (Gesamtausgabe 21);    bkv.unifr.ch/de/files/286/related_files/Ausgew%C3%A4hlte%20Briefe%20(BKV)_deutsch_286.pdf, S.136)

Die römisch-katholische Kirche beruft sich unter anderem auch auf den Kirchenvater Clemens, ihrer Ansicht nach der 4. Papst. Er wird einmal – nicht als Papst! – im Philipperbrief 4,3 erwähnt. In seinem 1. Brief an die Korinther nennt Clemens seinen Namen gar nicht.

Eine zentrale biblische Belegstelle der römisch-katholischen Kirche ist Lk 22,32, wo es heisst: „Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht nachlasse, und du wiederum stärke dereinst deine Brüder.“

Der Textzusammenhang gibt diesem „Beleg“ kein Gewicht. In Vers 31 heisst es „Simon, Simon, siehe, der Satan hat verlangt, euch sieben zu dürfen wie den Weizen.“ Und in Vers 34 heisst es: „Er entgegnet: „Ich sage dir, Petrus: Der Hahn wird heute nicht krähen, bis du dreimal geleugnet hast, mich zu kennen.“ Mit diesen Worten kündigt Jesus Christus die baldige Verleugnung des Petrus und seine Wiederherstellung danach an.

5. Eine kurze Geschichte des Papsttums

Wie oben schon angedeutet, hat sich das Papsttum und die römisch-katholische Kirche über Jahrhunderte entwickelt.

Alfred Kuen zeigt im Artikel Die Dienste der Gemeinde, 6.Teil (abgedruckt in Fundamentum 1/83) wie die Entwicklung vonstatten ging. Er schreibt auf S.23:

„Während der ersten Jahrhunderte verlief die Entwicklung auf fünf Ebenen:

1. Preisgabe des allgemeinen Priestertums zugunsten der Kirchenämter. Die Unterscheidung zwischen Laien und Geistlichen tauchte also wieder auf. [Ich vermute, dass Alfred Kuen mit „wieder“ an das AT und den Priesterdienst der Juden denkt, Anm. P.Tschui].

2. Einführung eines sakramentalen Verständnisses der Kirchenämter.

3. Preisgabe des kollektiven Ältestendienstes zugunsten des allein­herr­schaftlichen Bischofsamtes.

4. Allmähliche Bildung einer Hierarchie in den verschiedenen Kirchen­ämtern.

5. Zunahme der Autorität der Kirchenbeamten; diese Autorität ersetzte allmählich diejenige der Gemeinde.“

Diese Entwicklung ist auch in dem in dieser Broschüre schon mehrfach zitierten römisch-katholischen Buch Die Päpste (manchmal auch nur zwischen den Zeilen; siehe Unterstreichungen) zu entnehmen, in dem nach und nach weitere (Entwicklungs-) Schritte erwähnt werden.

Papst Damasus I, 366-384 „vertrat die Meinung, der römische Primat gründete auf der Tatsache, dass der Bischof von Rom der direkte Nachfolger Petri sei, ...“ (S.19)

Über Papst Innozenz I., 401-417: „Einen Primat, den er nicht nur im Westen durchsetzte, sondern auch versuchte, wenn auch ohne grosse Ergebnisse, aber mit Entschlossenheit auf die Ostkirche auszuweiten.“ (S.20)

Über Leo I den Grossen, 440-461: „Seine gesamte Politik folgte dem Grundsatz, dass die Macht der Kirche, die Petrus von Christus über­geben worden war, direkt auf seine Vorgänger, die Bischöfe von Rom, übertragen worden sei. Der Papst war somit der „Primas aller Bischöfe“. (S.23)

Über Papst Nikolaus I., 858-867: „Die von ihm eingeführte Politik, die eine klare Durchsetzung der Macht Roms über die traditionell von den Metropoliten geforderte Autonomie darstellte, berief sich ausdrücklich auf die so genannten Falschen Dekretalen [kursiv im Original] [siehe S.42+43], die dem hl. Isidor von Sevilla zugeschrieben werden, die aber um 850 im Frankenreich erstellt worden waren, und in denen die Vorherrschaft der römischen Kirche über Synoden und Metropoliten gefordert wurde.“ (S.53)

Man beachte die unterstrichenen Worte „eingeführt“ und „traditionell“ (sprich „neu“ und „bisher“).

Über Papst Hadrian IV, 1154-1159: „Während seines Pontifikats wurde der Papsttitel „Vikar Christi“ [dt. Stellvertreter Christi] gebräuchlich.“ (S.87)

Über Papst Innozenz III, 1198-1216: „In seiner theokratischen Konzeption, in der der ‚Vikar Christi’ sich auf ‚halbem Wege zwischen Gott und dem Menschen befand, niedriger als Gott, aber über den Menschen’, war die Aufgabe des Papstes die Regierung der ganzen Welt, nicht nur der Universalkirche.“ (S. 91)

Die ersten „Päpste“

In diesem Kapitel verwende ich Teile aus der Schrift N’appelez personne sur la terre votre père von Bernard Prunneaux[1]. Er beruft sich darin unter anderem auf die (französische) Ausgabe von Die Päpste – Zwanzig Jahrhunderte Geschichte. Das Vorwort schrieb der römisch-katholische Erzbischof Francesco Gioia. Die Papstgeschichte ist also aus einer römisch-katholischen Perspektive dargestellt. Trotzdem lesen wir über die ersten „Päpste“ folgendes (die Seitenzahlen beziehen sich auf die deutsche Ausgabe dieses Buches, 3. Ausgabe 2006):

Linus (um 68-79)

Laut römisch-katholischer Kirche der 2.Papst.

„Wir wissen sehr wenig über die Funktionen, die er in Rom ausübte...“ (S.6)

Anacletus (oder Cletus, um 80-92)

Laut römisch-katholischer Kirche der 3.Papst

„Auch von seinem Pontifikat wissen wir nur wenig und das meiste basiert auf Legenden...“ (S.6)

Clemens I (um 92-99)

„Von seiner Rolle in Rom weiss man sehr wenig“ (S.6)

Evaristus (um 99-108)

„Die Quellen sind sich auch über die Daten und die Dauer seines Pontifikats uneins. Fast alle Angaben über ihn gehen auf Legenden zurück...“ (S.7)

Alexander I. (um 108-119)

„Auch über diesen Papst wissen wir nur sehr wenig.“ (S.7)

Sixtus I (um 119-126)

„Alle Angaben über ihn sind legendär...Wir wissen nichts über seine Tätigkeit als Bischof von Rom“. (S.7)

Telesporus (um 127-138)

„Tatsächlich ist uns über seine Tätigkeit als Bischof von Rom nichts bekannt.“ (S.7)

Obwohl wir also „nur sehr wenig“ über diese Päpste wissen, wurden trotzdem alle heilig gesprochen!

Da die Abfolge erst nachträglich rekonstruiert wurde, sind viele Jahrzahlen unsicher.

In der Papstgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart (Dr. Franz Xaver Seppelt und Prof Dr. Klemens Löffler, Verlag Kösel&Friedrich Pustet, München, Imprimatur, 1933, S.548) sind die Amtsjahre der 10 ersten Päpste mit einem „?“ angegeben. Es gibt also – wie auch die obigen Zitate zeigen – keine geschichtliche Sicherheit für diese 10 ersten Päpste.

Erst nach der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts, als sich in Rom das monarchische Bischofstum – die Regierung der christlichen Gemein­schaften durch einen einzigen Bischof – durchsetzte, begann man, den hl. Petrus als ersten Papst anzusehen. (Vgl. Die Päpste, S.5)

Ja, aber der Titel „Papst“ wurde damals nicht nur für den Bischof von Rom verwendet! (siehe unten)

Bei der Vereinbarung von Mailand (313 n. Chr.) wurde das Christentum im Römischen Reich toleriert und somit fand die Christenverfolgung ihr momentanes Ende). 380 n. Chr. wurde dann das Christentum zur Staats­religion erklärt. Dies führte aber auch zum Eindringen des Heidentums in die christlichen Kirchen. Heiden wurden „Christen“. Dies war auch speziell im Westen der Fall, wo heidnische Völker zu Untertanen erklärt wurden. Dies wiederum vergrösserte die Macht des Bischofs von Rom.

Die Bischöfe von Gemeinden in den grösseren und wichtigeren Städten wurden angesehener und einflussreicher. Diese hatten in der Regel auch mehr Mitglieder als ländliche Gemeinden. Es entwickelten sich 5 Zentren im ganzen römischen Reich: Jerusalem, Antiochien, Alexandria, Konstan­tinopel und Rom. Die dortigen Bischöfe wurden auch Patriarchen genannt (Darum ist einer der Titel des Papstes auch „Patriarch des Westens“!) Diese Patriarchen waren zuerst gleichrangig.

330 n. Chr. bestimmte der Kaiser Konstantin Konstantinopel (Byzanz, Istanbul) als neue Hauptstadt des römischen Reiches. Durch den Wegzug der politischen Macht aus Rom konzentrierte sich nun alle Macht auf den Bischof von Rom. Die Päpste sind also nicht Nachfolger von Christus, sondern von Cäsar, d.h. dem Kaiser! So hat der Papst auch den kaiserlichen Titel „Pontifex maximus“ an sich genommen. Dieser Titel gehörte ursprünglich dem höchsten heidnischen Beamten des römischen Reiches.

Daneben spielte auch einen Rolle, dass Rom die grösste Stadt des Reiches war und Petrus und Paulus dort den Märtyrertod erlitten haben.

Das Konzil von Konstantinopel (381) besagte noch, dass es zwischen Konstantinopel und Rom keinen Vorrang gäbe, abgesehen von dem „Ehrenvorrang“ von Rom.

Von den 5 Patriarchaten waren noch Rom und Konstantinopel übrig­geblieben, die um die Vormacht wetteiferten.

Damasus I. (366-384) war der erste Papst, der sich allein als direkter Nachfolger von Petrus betrachtete:

„Er [Damasus I.] vertrat die Meinung, der römische Primat gründete auf der Tatsache, dass der Bischof von Rom der direkte Nachfolger Petris sei...“ (Die Päpste, S.19)

Die Stellung des römischen Bischofs wurde auch dadurch gestärkt, dass er unbiblische Titel wie „Pontifex maximus“ (s. oben) und „Stellvertreter Christi“ (s. unten) annahm. Gleichzeitig wurde dadurch die Abweichung von der geistlichen Ausrichtung der Nachfolger Christi deutlich. Zu diesen unbiblischen Titeln gehört auch das Wort „Papst“:

Der Ehrentitel Papst (papa, pappaV) war ursprünglich im Osten für höhere Kleriker, bes. Bischöfe, allgemein üblich; seit dem Ende des 5.Jhs. nahmen ihn die römischen Bischöfe ausschliesslich für sich in Anspruch.“ (Kompendium der Kirchengeschichte, Karl Heussi, J.C.B. Mohr (Paul Soebeck), Tübingen, 1960, FN 5, S.126)

Leo I. (440-461) hat als erster beansprucht, in apostolischer Sukzession der Vater (Papst) der ganzen Christenheit zu sein. Also erst Jahrhunderte nach Petrus haben die ersten Bischöfe von Rom die Nachfolge von Petrus beansprucht und die Worte Jesus an Petrus auch auf sich bezogen. Darum wurde auch versucht, nachträglich eine ununterbrochene Reihe von Nachfolgern von Petrus künstlich herzustellen. Dies ist auch der Grund warum über die ersten „Päpste“ (siehe oben) fast nichts bekannt ist!

Dies geschah nicht ohne Widerstand der anderen Patriarchate, aber die zentrale Lage Roms und ihre Position als Hauptstadt des römischen Weltreiches begünstigte die Entwicklung des Papsttums.

Weltliche Macht und gefälschte Dokumente

Der Aufstieg des Bischofs der römischen Kirche in Rom zum Papst über die ganze Welt wurde sowohl durch die weltlichen Mächte, als auch durch eine Reihe von gefälschten Dokumenten seit dem 5./6.Jahrhundert gefördert.

Konstantinische Schenkung

Dabei handelt es sich um ein gefälschtes Testament des Kaisers Konstan­tin. Ich zitiere wieder aus dem Buch Die Päpste – Zwanzig Jahrhunderte Geschichte:

„Dem Papst und seinen Nachfolgern übertrug der Herrscher laut Konstantinischer Schenkung, einem handschriftlichen Dokument, das lange Zeit für authentisch gehalten wurde, jedoch im VIII. [achten] und IX. [neunten] Jahrhundert geschrieben wurde, und das die kaiserliche Hauptstadt von Rom nach Konstantinopel verlagerte, das Primat über den gesamten Okzident [Westen].“ (S.16)

Diese Fälschung wird auch als „Sylvesterlegende“ bezeichnet, da sie den Papst Sylvester I. und seine Nachfolger als Oberhaupt des Westens bezeichnet.

Pseudoisidorische Dekretale

Hierbei handelt es sich um eine ganze Reihe von Fälschungen aus dem 9. Jahrhundert.

P.H.Uhlmann ruft zu Recht in Erinnerung: „Es mag uns in Erstaunen versetzen, dass ausgerechnet die angeblichen „Stellvertreter Christi“ mit Fälschungen ihre Machtansprüche begründet haben. Noch eigenartiger erscheint uns, dass Rom auch dann die Aussagen nicht zurückgenommen hat, als seit dem 16. und 17. Jahrhundert offenkundig geworden ist, dass die fraglichen Dokumente Fälschungen sind!“ (Uhlmann, Die Lehr­entschei­dungen Roms im Licht der Bibel, Aktion biblisches Christentum, 1986, S.55)

In den folgenden Jahrhunderten kam es einerseits zu einem Ringen um die Vorherrschaft zwischen römischer Kirche und den weltlichen Herrschern. Andererseits gab es auch Zeiten wo die römisch-katholische Kirche die weltliche Macht stützte und die weltliche Macht ihrerseits die kirchliche Macht schützte.

Doch wie hat Jesus Christus selber gesagt:

„Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ (Johannesevangelium 18,36).

Wenn die römisch-katholische Macht (auch) von dieser Welt ist, dann ist ihr Reich ein anti-christliches Reich!

Und was sagt die Bibel über die Unterordnung der Gläubigen unter den Staat?

Römer 13,1-7: „Jedermann ordne sich den Obrigkeiten unter, die über ihn gesetzt sind; denn es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott wäre; die bestehenden Obrigkeiten aber sind von Gott eingesetzt. Wer sich also gegen die Obrigkeit auflehnt, der widersetzt sich der Ordnung Gottes; die sich aber widersetzen, ziehen sich selbst die Verurteilung zu. Denn die Herrscher sind nicht wegen guter Werke zu fürchten, sondern wegen böser. Wenn du dich also vor der Obrigkeit nicht fürchten willst, so tue das Gute, dann wirst du Lob von ihr empfangen! Denn sie ist Gottes Dienerin, zu deinem Besten. Tust du aber Böses, so fürchte dich! Denn sie trägt das Schwert nicht umsonst; Gottes Dienerin ist sie, eine Rächerin zum Zorngericht an dem, der das Böse tut. Darum ist es notwendig, sich unterzuordnen, nicht allein um des Zorngerichts, sondern auch um des Gewissens willen. Deshalb zahlt ihr ja auch Steuern; denn sie sind Gottes Diener, die eben dazu beständig tätig sind.  So gebt nun jedermann, was ihr schuldig seid: Steuer, dem die Steuer, Zoll, dem der Zoll, Furcht, dem die Furcht, Ehre, dem die Ehre gebührt.“

Selbst Petrus schrieb:

„Ordnet euch deshalb aller menschlichen Ordnung unter um des Herrn willen, es sei dem König als dem Oberhaupt oder den Statthaltern als seinen Gesandten zur Bestrafung der Übeltäter“ (1. Petrus 2,13-14a).

Zum Thema der apostolischen Sukzession in Zusammenhang mit der Geschichte der römisch-katholischen Kirche folgt ein längeres Zitat aus der schon oben empfohlenen Broschüre N’appelez personne sur la terre votre père (siehe auch Literaturempfehlung S.51):

Apostolische Sukzession

„In der römischen Kirche ist das Konzept der ‚apostolischen Sukzession’ von grundlegender Bedeutung. Die meisten Katholiken glauben aufrichtig, dass die Leitung der Kirche seit dem Apostel Petrus in Rom stattfand und von Papst zu Papst unverändert bis zum heutigen Tag weitergegeben wurde. Man muss selbst Katholik gewesen sein, um zu verstehen, was die apostolische Sukzession bedeutet: Teil der Kirche der Päpste zu sein, bedeutet buchstäblich, der einzigen und wahren Kirche anzugehören.

Als wir die ersten Seiten des Buches der Päpste durchlasen, stellten wir fest, dass selbst die vatikanischen Historiker keinen einzigen Hinweis auf eine Machtübergabe zwischen dem Apostel Petrus und einem Bischof von Rom gefunden hatten. Wir konnten auch feststellen, dass sich die wachsende Autorität der römischen Bischöfe von Jahrhundert zu Jahrhundert in ein echtes Streben nach politisch-religiöser Vorherrschaft verwandelt hatte.

Nun wollen wir anhand des Buches der Päpste untersuchen, wie die apostolische Sukzession im Mittelalter verlaufen sein könnte.

Papst Formosus (891-896) Bevor er das Papstamt erlangte, war Formosus Bischof von Porto, dann wurde er als päpstlicher Legat in verschiedene Länder gesandt, bis er in Ungnade fiel und von Papst Johannes VIII. abgesetzt und exkommuniziert wurde. Einige Jahre später wurde er von dessen Nachfolger Marinus I. rehabilitiert. Formosus wurde 891 Papst und regierte bis zu seinem Tod im Jahr 896. Das Buch der Päpste berichtet: „Neun Monate nach seinem Tod wurde sein mumifizierter Leichnam auf Wunsch von Papst Stephan VI. und Herzog Lambert exhumiert, mit den päpstlichen Gewändern bekleidet und in einer Synode unter Vorsitz des Papstes vor Gericht gestellt, des Meineids, des Ehrgeizes auf das Papstamt und des Vergehens gegen die Kanone, die einen Wechsel des Bischofssitzes, und damit die Wahl zum Papst nicht zuliessen, für schuldig befunden. Seine Erlasse wurden für nichtig erklärt, sein Leichnam wurde zunächst in ein Massengrab und dann in den Tiber geworfen, nachdem ihm die drei Finger abgehackt worden waren, mit denen er geschworen und gesegnet hatte. (Die Päpste, S.57).

Infolge dieses makabren Prozesses mussten alle von Formosus geweihten Kleriker auf ihre Weihe verzichten. Der übernächste Papst, Theodor II, berief eine Synode ein, die „Papst Formosus völlig rehabilitierte und die Gültigkeit der von ihm vorgenommenen Weihen bestätigte“ (S.58). Der Fall war jedoch noch nicht abgeschlossen.

Im Jahr 904 bestätigte ein anderer Papst, Sergius III, die Verurteilung von Formosus und erklärte alle von ihm vorgenommenen Weihen wieder für ungültig. „Das Ergebnis war ein Chaos in der römischen Kirche, weil die von Formosus geweihten Bischöfe inzwischen weitere Kleriker geweiht hatten.“ (S.60).

Wie kann man durch all diese Umwälzungen hindurch den Faden der apostolischen Sukzession wiederfinden? Welche dieser Päpste und Bischöfe waren die wahren Nachfolger von Petrus und den Aposteln?“ Soweit Bernard Prunneaux.

Unter Pornokratie versteht man die Periode des Papsttums von Sergius III. um 904 bis Johannes XII. um 963.

„Die ruchlose Theodora und ihre beiden Töchter, Marozia und Theodora, verfügten viele Jahre lang über die päpstliche Krone. Sie übten durch ihr ausschweifendes Leben eine solche Macht und einen so bösen Einfluss aus, dass sie auf den Stuhl Petri setzten, wen sie wollten – Männer von ihrem Werte. Wir enthalten uns gern der Darstellung ihrer schamlosen Unsittlichkeiten, verzichten aber nicht auf den Hinweis, wie traurig es hiernach um die vielgepriesene und eifrig verfochtene päpstliche Nachfolge bestellt war.“ (Andrew Miller, Geschichte der Christlichen Kirche - Band 1, Ernst-Paulus-Verlag, 1983, S.476)

Hier dazu noch ein paar Zitate aus dem Buch Die Päpste:

Leo VI, Mai-Dezember 928: „Römer adliger Herkunft, er war Presbyter in der Kirche Santa Susanna und wurde auf Willen von Marozia gewählt, die in Rom nunmehr das Sagen hatte.“ (S.62)

Stephan VII, 929-931: „Er wurde wie sein Vorgänger in der Erwartung zum Papst gewählt, dass der Sohn von Marozia, Johannes, das Alter erreichte, um Zugang zum Pontifikat zu erhalten.“ (S.62).

Johannes XI (931-936) war „laut zeitgenössischen Berichten unehelicher Sohn von Marozia und Papst Sergius III.“ (S.62)

„Mit den Worte: ‚Du bist der Stellvertreter Christi!“ empfing Erzbischof Aribo von Mainz im Jahre 1024 den neuen König Konrad II.“ (Kirche im Wandel der Zeit - Teil 1, Theodor Brandt, S.168)

Erst Innozenz III. (1198-1216) übernahm diesen Titel für sich:

„In seiner theokratischen Konzeption, in der der ‚Vikar Christi’ [Stellvertreter Christi] sich auf ...“ (Die Päpste, S.91)

Der Titel „Stellvertreter Christi“ war ursprünglich ein kaiserlicher Titel.

Im Laufe der Geschichte gab es auch mehrere Sedisvakanzen, also Zeiten in denen der Papststuhl unbesetzt war: So in den Jahren 1268-1271, 1292-1294 und 1314-1316. Auch dies stellt die Theorie der apostolischen Sukzession in Frage.

In diesem Zusammenhang muss auch das grosse „Schisma des Westens“ von 1378-1417 erwähnt werden. Es geht hier nicht um die Trennung von 1054 (siehe unten), sondern um die Spaltung der römisch-katholischen Welt in zwei Lager (mit zwei verschiedenen Päpsten). Auf der einen Seite waren die deutschen Könige, Mittel- und Norditalien, Flandern, England und die Ostgebiete (Päpste in Rom), auf der anderen Seite Frankreich, Sardinien, Sizilien, Neapel, Schottland, west- und süddeutsche Gebiete und die Habsburger (Päpste in Avignon). Die beiden Rivalen versuchten die Streitigkeit mit Waffengewalt zu lösen.

1409 wählten von den zwei anderen Päpsten abgefallene Kardinäle einen anderen Papst am Konzil von Pisa. Schliesslich wurden am Konzil von Konstanz alle 3 Päpste abgesetzt und ein anderer Papst (Martin V.) gewählt.

Dies war nicht das einzige Mal in der Geschichte, dass es 2 oder gar 3 sich widerstreitende Päpste gab. Sie exkommunizierten jeweils den Gegenspieler und dessen Anhänger (vgl. Prunneaux, S.17+18). So waren also damals alle Katholiken – von der einen oder anderen Seite – exkommuniziert.

Im Buch Die Päpste – Zwanzig Jahrhunderte Geschichte werden insgesamt 37 Gegenpäpste (Anti-Päpste) aufgeführt. Die römisch-katholische Kirche versteht darunter diejenigen Päpste, die sie als nicht-legitim beurteilt.

Welche Garantie gibt es aber, dass derjenige, der schlussendlich anerkannt oder gewählt wurde, der wahre Papst war? Welche der gegeneinander streitenden Päpste waren die wahren Nachfolger von Petrus? Sind die von Marozia bestimmten Päpste legitime Päpste? War Formosus ein richtiger Papst? Die Anzahl Fragen liesse sich beliebig verlängern und zeigt, wie utopisch die römisch-katholische Vorstellung einer „apostolischen Sukzession“ ist.

Im Jahr 1054 führten die Spannungen zwischen dem Patriarchen von Rom und demjenigen von Konstantinopel schliesslich zur völligen Trennung in Ost- und Westkirche (römisch-katholische Kirche und (griechisch-) orthodoxe Kirche).

Gregor VII. (um 1081) schrieb:

„Dem nun die Macht gegeben ist, den Himmel zu öffnen und zu schliessen, dem sollte es nicht zustehen, über die Erde zu richten? ... Daher sollen die, welche die heil. Kirche nach reiflicher Überlegung zu Herrschaft und Kaisertum beruft, nicht für vergänglichen Ruhm, sondern zum Heil vieler demütig gehorchen.“ (zitiert in: Kirche im Wandel der Zeit – Teil I, TH.Brandt, S.174).

Im Kampf um die Vormacht gegen die weltlichen Herrscher schrieb Bonifaz VIII. (1294-1303) in der Bulle Unam Sanctam:

Dem römischen Papst sich zu unterwerfen, ist für alle Menschen unbedingt zum Heile notwendig: Das erklären, behaupten, bestimmen und verkündigen Wir.“ (Der Glaube der Kirche, Nr. 430, S.290).

Über die sogenannten Renaissancepäpste (Mitte 15. bis 16.Jahrhundert) schreibt Uhlmann: „[Sie] führten ein Leben der Laster, der Leidenschaften und der Genusssucht. Ihre Politik war geprägt von Egoismus und nackter Gewalt. Innozenz VIII. (1481-1492) war der erste Papst, der seine unehelichen Kinder anerkannte und für sie Hochzeitsfeiern im Vatikan veranstaltete.“ (S.60)

Der momentane „Höhepunkt“ dieser Entwicklung ist das Dogma von 1870 über die päpstliche Unfehlbarkeit.

Ü Menschenvergötterung in der Praxis! Menschen knien vor dem Papst nieder (vgl. die Bedeutung des Niederkniens in der Bibel!). Während Jesus Christus seinen Jüngern die Füsse wusch, erlauben die Päpste, dass man ihre Füsse küsst.

„Das Volk bricht in Jubel aus, die Menschen klatschen, die Blitzlichter der Fotoapparate zucken durch das grosse Kirchenschiff. Der Papst sitzt in einem Sessel auf dem Altar, auf den Knien hat er eine Liste mit den Namen der vielen Gruppen, die gerade zu dieser Audienz sich angemeldet haben. Er nennt die Namen der Gemeinde und segnet sie, indem er den linken Arm ausstreckt. Die Genannten jubeln jedesmal laut auf.“ (zitiert in Irrtümer der katholischen Kirche, Otto Markmann, Lutherischer Gemeinschaftsdienst, 1976, S.5f)

Durch das „Unfehlbarkeits-Dogma“ kam es zu einer Spaltung innerhalb der römisch-katholischen Kirche. Diejenigen, die das neue Dogma nicht akzeptierten, nennen sich seither die Altkatholische Kirche, womit sie zum Ausdruck bringen wollen, dass sie sich als die ursprüngliche, alte Kirche betrachten. In der Schweiz nennt sich die Altkatholische Kirche Christkatholische Kirche.

Die Wahl des Papstes im Laufe der Geschichte

Heute wird der Papst von den Kardinälen gewählt (die ihrerseits wieder von den Päpsten ernannt werden), doch dies war im Laufe der Geschichte nicht immer so.

„Im ersten Jahrtausend war der römische Bischof und nachmalige Papst nicht durch Vertreter der Gesamtkirche gewählt worden, sondern durch das Volk der Diözese Roms, beziehungsweise durch einzelne Adelscliquen.“ (Die Lehrentscheidungen Roms im Licht der Bibel, P.H.Uhlmann, S.57)

Manchmal wurde der Papst auch durch eine Kombination von Volk, Bischöfen und Kaiser bestimmt, manchmal auch nur durch mächtige Einzelpersonen (darunter auch einige einflussreiche Frauen; siehe oben). Kaiser setzten Päpste ein und ab. Mindestens einmal wurde das Papsttum auch gegen Geld verkauft.

Nachwort: Kennen Sie die Briefe des Petrus?

Leider kennen viele Katholiken (und Protestanten) die Bibel nicht. In jeder Bibelausgabe befinden sich auch die 2 Briefe von Petrus, den die Katholiken als ihren 1.Papst sehen. Allerdings standen ausgerechnet diese Briefe während Jahrhunderten auf dem Index verbotener Schriften der römisch-katholischen Kirche!

Wir möchten alle Leser ermutigen die beiden Petrusbriefe (und auch das ganze Neue Testament) selber zu lesen und studieren. Auch der Brief des Paulus an die Christen in Rom (der Römerbrief) sollte speziell für Katholiken von grossem Interesse sein.

Folgende Wahrheiten waren Petrus wichtig:

Die Schriften der Bibel sind von Gott inspiriert:

„Und so besitzen wir umso gesicherter das prophetische Wort und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet wie auf eine Leuchte, die aufstrahlt an dunkler Stätte, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen. Wisst vor allem dies: Ein prophetisches Wort der Schrift ist nicht Sache eigener Deutung. Denn nicht durch eines Menschen Willen wurde eine prophetische Aussage hervor­gebracht, sondern vom Heiligen Geist getrieben, haben von Gott her [heilige] Menschen gesprochen“ (2.Petr 1,18-19).

Wir sollen erkennen und vor Jesus bekennen, dass wir Sünder sind:

„Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füssen und sagte: ‚Geh weg von mir, Herr; denn ein sündiger Mensch bin ich.’“ (Lk 5,8).

Nur Jesus Christus war ohne Sünde:

„Er tat keine Sünde, und in seinem Mund fand sich kein Trug“ (1.Petrusbrief 2,22).

Unsere Sünden können durch niemand anderen als Jesus Christus vergeben werden:

„Er trug selber unsere Sünden an seinem Leib ans Holz hinan“ (1.Petrusbrief 2,24).

Und dieses Erlösungswerk war einmalig, es kann nicht wiederholt werden:

„Denn auch Christus starb einmal für die Sünden, als Gerechter für Ungerechte, um euch zu Gott zu führen.“    
(1.Petrusbrief 3,18)

Dieses Opfer, das Jesus Christus für uns brachte, geschah nicht unblutig, wie die römisch-katholische Kirche von ihrem Messopfer sagt, sondern:

mit dem kostbaren Blut Christi als eines untadeligen und makellosen Lammes.“    
(1.Petrusbrief 2,19; siehe auch Hebräer 9,22!)

Die Errettung kommt nur durch Jesus Christus:

Zu den Führern der Juden sagte Petrus, erfüllt vom Heiligen Geist, bei einem Verhör in Jerusalem: „Und in keinem andern ist das Heil, denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel, der den Menschen gegeben wäre, dass wir in ihm sollten gerettet werden.“       
(Apg 4,12, siehe auch Vers 8; vgl. 1.Tim 2,5).

Und sie wird nur durch Glauben an Jesus Christus empfangen:

Bei seiner Predigt vor dem Hauptmann Kornelius in Cäsarea betonte Petrus, „... dass jeder, der an ihn glaubt, durch seinen Namen Vergebung der Sünden erhalte (Apg 10,43).

Petrus lehrt, von Gott inspiriert, dass die Wiedergeburt durch das Wort Gottes geschieht (also nicht durch eine kirchliche Handlung namens Taufe):

„Ihr seid ja von neuem geboren, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen durch Gottes lebendiges und bleibendes Wort.          
(1.Petrusbrief 1,23-25; siehe auch Kap 1,3)

Der lebendige Stein, auf dem die Gemeinde aufgebaut wird, ist Christus:

„Wenn ihr hintretet zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, vor Gott aber ‚auserlesen’ ist und ‚kostbar’...“ (1.Petrusbrief 2,4).

Und die Steine, die darauf gebaut werden, werden alle Priester genannt:

„... werdet auch ihr selber als lebendige Steine aufgebaut zu einem geistigen Haus, zu einer heiligen Priesterschaft, um geistige Opfer darzubringen, wohlgefällig vor Gott, durch Jesus Christus“ (1.Petrusbrief 2,5).

Petrus bestätigt diese Wahrheit 4 Verse später nochmals:

„Ihr aber seid ein ‚auserwähltes Geschlecht’, ‚eine königliche Priesterschaft, ein geheiligtes Volk’ ... damit ihr die Ruhmestaten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis berufen hat in sein wunderbares Licht.“
(1.Petrusbrief 2,9)

Petrus ermahnt die Vorsteher (Presbyter, Ältesten) der Gemeinden:

Weidet die euch anvertraute Herde Gottes und wacht über sie, nicht aus Zwang, sondern aus freiem Entschluss im Hinblick auf Gott, nicht aus Gewinnsucht, sondern aus Hingabe. Spielt nicht die Herren über die euch Anvertrauten, sondern seid Vorbilder für die Herde (1.Petrusbrief 5,2-3).

Danach spricht er vom obersten Hirten, meint damit aber nicht sich selbst, sondern Christus:

„Erscheint dann der oberste Hirt, werdet ihr den unver­welk­lichen Kranz der Herrlichkeit entgegen nehmen“       
(1.Petrusbrief 5,4).

Die Wiederkunft des Herrn Jesus Christus ist für Petrus eine feste Tatsache, der er in seinem 2. Brief fast ein ganzes Kapitel widmet (2.Petrusbrief 3).

Buchempfehlungen

The Church of Rome at the Bar of History

William Webster, The Banner of Truth Trust, 1995/1996, Paperback/244 Seiten

N’appelez personne sur la terre votre père – Survol de l’histoire des papes

Bernard Prunneaux, CRIE, Mulhouse, France, 2010

Von Rom zu Christus – Band 1+2

Richard Bennett/Martin Buckingham, CLKV

Alle obigen Schriften sind erhältlich bei: CLKV, Hochstrasse 180, CH-8330 Pfäffikon ZH; www.clkv.ch; Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

[1] Weitere, sehr empfehlenswerte französische Schriften dieses ehemaligen Katholiken finden sich auf: bernard.prunneaux.com/brochures/catholicisme/